Maren Schauerte: "Schluss mit dem Schimmel".
€ 16,– / 320 Seiten.
Bastei Lübbe, 2019

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Hinter den Kulissen von Häusern versteckt sich Schimmel, der meist lange nicht entdeckt wird.

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Schimmel ist überall – könnte man nach der Lektüre von "Schluss mit dem Schimmel" von Maren Schauerte meinen. Die Autorin, selbst Bauingenieurin, hochsensible Schimmelallergikerin und von zahlreichen Erlebnissen mit Schimmeln geplagt, berichtet darin von ihrer Suche nach einer neuen Wohnung mithilfe eines Schimmelspürhundes. Ihr Fazit: Kaum eine Bleibe ist ohne versteckten Schimmel, das "Ausmaß der Misere" habe sie baff gemacht.

Müssen wir uns jetzt alle Sorgen machen? Viele, so Schauerte, wüssten gar nicht, dass sie mit Schimmel leben und dass Schimmelbefall nichts mit Sauberkeit zu tun hat. Der häufigste Grund für versteckten Schimmel sei, dass Gebäude oft nicht fachgerecht saniert werden. "Hinter den Kulissen der Häuser", wie die Autorin schreibt, etwa in Fußbodenkonstruktionen, Leichtbauwänden, Versorgungsschächten, hinter abgehängten Decken, Wandverkleidungen oder fehlerhaften Innendämmungen sitze unentdeckter Schimmel am liebsten.

Wer sich für die Lektüre der 300 Seiten entscheidet, muss sich wirklich sehr für Schimmel interessieren. Schauerte beschreibt wirklich alles, was mit dem Thema zu tun hat: von komplexen biologischen Vorgängen dahinter, wie Schimmel entsteht, den schlecht erforschten gesundheitlichen Folgen relativer und absoluter Luftfeuchtigkeit, rechtliche Fragen bis hin zu Bauphysik – etwa wo in der Abdichtung der Gebäudeaußenhülle die häufigsten Fehler passieren.

Ein Kübel

Neben komplizierten Sachverhalten erzählt Schauerte aber auch Wissenswertes und praktische Tipps. Wussten Sie beispielsweise, dass in einem Mehrpersonenhaushalt durch Atmen, Schwitzen, Kochen, Duschen und durch Zimmerpflanzen täglich etwa ein Kübel Feuchtigkeit in Form von Wasserdampf in die Raumluft gelangt?

Die "größte Provokation für die Raumluft" überhaupt sei Wäschetrocknen, so Schauerte. Wer sich das genauer anschauen will, könne ja mal die Wäsche vor und nach dem Trocknen wiegen, empfiehlt die Autorin. Ihr Tipp: keinesfalls in einem Raum mit geschlossenen Fenstern Wäsche trocknen.

Dass Schimmel entsteht, habe auch mit unserer derzeitigen Lebensweise zu tun. Früher sei die Wäsche draußen getrocknet worden, und jeder habe höchstens einmal wöchentlich gebadet. Zudem sind unsere Häuser heute wesentlich "luftdichter verpackt", wie Schauerte es beschreibt.

Sie gibt in ihrem Buch auch Tipps dafür, wie Schimmel sich doch erkennen lässt, auch wenn er sich gut versteckt. Silberfische seinen beispielsweise ein guter Bioindikator, so der Fachbegriff. Denn sie bevorzugen eine hohe Luftfeuchtigkeit von über 75 Prozent – wie auch der Schimmel. Im Idealfall, so die Autorin, sollte es für Silberfische in keinem Wohnraum ideale Bedingungen geben.

Alarmstufe Rot

Spätestens bei Verfärbungen sei Alarmstufe Rot angesagt, ebenso wenn sich ein unangenehmer Geruch bemerkbar macht. Oft sei ein Schimmelbefall jedoch viel weniger offensichtlich. Viele würden dann nur merken, dass sie sich daheim nicht mehr wohlfühlen – auch wenn es keinen eindeutigen Grund dafür gibt, so die Autorin. Oder ihnen falle auf, dass es ihnen plötzlich besser geht, nachdem sie ein paar Tage woanders verbracht haben.

Schauerte gibt Tipps für die Messung von Sporen und Pilzfragmenten in der Raumluft, wie man gute Profis zur Schimmelbekämpfung findet und was man tun muss, um Schimmel keine Chance zu geben.

Hier beschreibt sie auch das schlechtestmöglichste Szenario im Winter: alte ungedämmte Außenwände, neue dichte Fenster, regelmäßig hohe Feuchteproduktion, unzureichende Lüftung und Intervallheizen. Gerade Letzteres sei in den kalten Monaten ein häufiger Fehler. Die Autorin empfiehlt: Auch Zimmer, die kaum benutzt werden, sollten moderat beheizt, auf etwa 18 Grad Raumtemperatur, und zweimal täglich durchgelüftet werden.

Apropos: Gut lüften heißt, dass die ganze Luft im Raum ausgetauscht wird. Drei Intervalle täglich sind empfehlenswert, auch wenn man tagsüber nicht daheim ist. Nach dem Duschen oder Kochen sollte sofort gelüftet werden. Zimmerpflanzen oder Aquarien machen noch häufigeres Lüften notwendig. Ein Vorteil im Winter: Ist es draußen kalt, dauert der Luftaustausch nicht so lange wie bei warmen Temperaturen. Außerdem sollte man auf große Möbelstücke direkt an Wänden oder gar Wandverbauten verzichten. "Die Luft muss zirkulieren können", schreibt Schauerte.

Hotspot Schlafzimmer

Das gilt auch im Schlafzimmer, dem Hotspot für Schimmel. Weil er oft nicht beheizt wird, die Zimmer meist klein sind und nachts für mehrere Stunden in die Raumluft geatmet und geschwitzt wird, ist der Raum besonders anfällig. Auch hier gilt, selbst wenn man gerne im Kühlen schläft: Die Raumtemperatur sollte bei 16 bis 18 Grad liegen, mehrmaliges Stoßlüften ist ideal.

"Schluss mit dem Schimmel" ist ein Buch für alle, die es ganz genau wissen wollen. Die große Menge an Informationen im Buch versucht die Autorin mit übertriebener Fröhlichkeit und launiger Sprache verdaulich zu machen. Darunter locker-flockige Vergleiche und Ausrufe à la "Zurück ins Schimmelgetümmel", "Igitt igitt", "Treffer!" oder "Punkt für uns!". Den Schimmel bezeichnet sie abwechselnd als Superbösewicht, Schurke, Giftzwerg oder Terrorknirps. Mit der Zeit wird das für die Leser mühsam. Ein "Lesespaß", wie das Buch auf dem Einband beworben wird, ist "Schluss mit dem Schimmel" aus thematischen und sprachlichen Gründen eher nicht – aufschlussreich und informativ ist es aber auf jeden Fall. (Bernadette Redl, 1.1.2020)