Materialien

In Zeiten der omnipräsenten Digitalisierung und Schnelllebigkeit regen sich vermehrt archaische Bedürfnisse in unserem Hirn. Für Materialien, mit denen wir uns in unseren Wohnräumen umgeben, bedeutet das: Back to the roots. Allerlei Hölzer, Samt, verschiedene Lederarten, Glas, Marmor, aber auch Güldenes, Verchromtes und Grünzeug begehren vermehrt Einlass in unsere guten Stuben. Auf dass unsere Finger und Augen mehr vorgesetzt bekommen als Touchscreens und Tastaturen. Dazu passend stehen auch die Sterne für das elegante wohnliche "Wiener Geflecht" (siehe Bild) im Zeichen eines Comebacks. (maik)

Foto: Thonet

Farben

"Classic Blue" nennt sich jener Blauton, der vom Farbinstitut Pantone zur Farbe des Jahres 2020 gekürt wurde (siehe Bild: Hocker von Sebastian Herkner). Nicht nur sie wird zukünftig dafür sorgen, dass es "Ganz in Weiß" als Motto für Raumfarben zunehmend schwer hat. Der Trend geht in Richtung dunklere Töne, darunter Blau- und Grünvarianten, aber auch Pastelltöne in Türkis und Grau. Die Akzentwand, also nur eine farbig gestrichene Wand, scheint passé. "Man streicht alle vier Wände und erzielt so ein homogenes Gesamtbild", sagt Fachfrau Bettina Gramath von "Gramath und Windsor" in Wien. (maik)

Foto: Pulpo

Handgemachtes

Die Endzwanziger rennen den Keramikkursen schon länger die Türen ein. Es ist ja nichts befreiender, als die Finger im gatschigen Ton zu vergraben. Das musste so kommen: Wer 24/7 auf dem Smartphone herumwischt, weiß Handarbeit halt wieder zu schätzen. Deshalb wird in Lokalen wie dem schicken Aend in Wien das Essen in Schüsseln von Keramikerin Petra Lindenbauer serviert: scheinbare Makel inklusive. Überhaupt steht alles, was nach Handgemachtem wirkt, hoch im Kurs. Sogar bei Ikea sehen jetzt die Tassen und Kannen (siehe Bild) so aus, als hätten sie auf Töpferscheiben ihre Runden gedreht. (feld)

Foto: Ikea

Nachhaltige Mode

Neuerdings versenden Luxusmodeunternehmen hektisch Pressemitteilungen zur Imagekorrektur: Wer zum Thema Nachhaltigkeit nichts beizutragen hat, ist schließlich von vorgestern. 2019 wurde ordentlich vorgelegt. Da war die selbstbewusste Vermarktung des Modepaktes während des G7-Gipfels durch Kering-Chef François-Henri Pinault, das Bekenntnis von Gucci zur Klimaneutralität, außerdem soll Stella McCartney den Luxuskonzern LVMH in "Sustainability"-Fragen beraten. Und weiter geht’s: Mitte Jänner findet in der Hipster-Ecke Berlin Tempelhof die grüne Messe Neonyt statt. (feld)

Foto: Armedangels

Gebrauchte Zeit

2020 wird als das Jahr in die Uhrengeschichte eingehen, in dem der Secondhanduhrenmarkt seinen endgültigen Durchbruch erlebt. Nicht zuletzt, weil nun etablierte Händler, aber auch einige Hersteller Lunte gerochen haben und voll auf den bereits fahrenden Zug aufgesprungen sind. Das kommt all jenen Uhrenfreunden zupass, die das ständig steigende Preisniveau neuer (Luxus-)Zeitmesser abschreckt und die auf der Suche nach günstigen, gebrauchten Uhren sind und dabei nicht auf Qualität und Garantie verzichten wollen. Subsumiert wird das unter dem Begriff "Certified pre-owned". (max)

Foto: Hersteller

Dicke Lippen

Schmallippig durchs Leben zu gehen ist nicht jedermanns Sache. Das ist nicht mehr nur eine Frage des Alterns, auch die Generation Selfie riskiert gern die dicke Lippe vom Beauty-Doc. Das von ihm injizierte Wundermittel hat einen Namen. Und der geht schwer über die Lippen: Hyaluronsäure. Psychologisch betrachtet hat das Phänomen aufgespritzter Lippen mit Selbstwert und Körperwahrnehmung zu tun. Leider achten nur wenige Ärzte darauf, wie Frauen nach der Injektion von der Seite aussehen. Oft gleichen die Lippen dann dem Vordach eines Hauses. Manchmal kann weniger auch besser sein. (pok)

Foto: Getty Images/iStockphoto

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Pantry Porn

Menschen sehnen sich nach Ordnung. Die Lehre von Ausmist-Fanatikerin Marie Kondo schwappt nun auch auf unsere Speisekammern und Kühlschränke über. Etikettiermaschinen sind der neue heiße Scheiß, heißt es von Trendforscherin Nina Mohimi. Sie sorgen dafür, dass Bohnen, Kichererbsen und Nudeln aller Art nicht nur feinsäuberlich nach Farbe sortiert, sondern auch ordnungsgemäß beschriftet im rechtwinkelig aufgebauten Regal aus Echtholz stehen. In den sozialen Netzwerken kursiert natürlich auch schon ein Fachbegriff für diesen Trend: "Pantry Porn". (niw)

Foto: Getty Images/iStockp

"Saubere" Kreuzfahrten

Unter Kreuzfahrern werden gordische Knoten schnell gelöst: Seit 1. Jänner ist die Reederei MSC klimaneutral! Das behauptet zumindest die "weltweit erste Kreuzfahrtmarke mit klimaneutralem Schiffsbetrieb", die nun mit überfälligen Investitionen in die CO2-Kompensation begonnen hat. Das Problem: Fast alle Schiffe aller Reedereien sind weiterhin mit Schweröl unterwegs, das auch unmittelbare Umweltschäden verursacht. Alternative Antriebe bleiben eine Rarität, somit wird uns das Thema noch Dekaden begleiten: Kreuzfahrten nahmen zuletzt um fast sieben Prozent pro Jahr zu – kein Tourismuszweig wächst schneller. (saum, 7.1.2020)


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Foto: Getty Images/iStockphoto