Ja, solche Tage gibt es. Es ist aber halt ein wenig aus der Mode gekommen, dass Sozialdemokraten sie erleben. Tage, die man "gar nicht fassen kann", wie der Wahlsieger sagt. "Es ist", erklärte Hans Peter Doskozil also in einer ersten Reaktion, "sicherlich der schönste Tag in meinem Leben". Neben ihm stand seine Verlobte Julia Jurtschak und applaudierte nach einer kurzen Sekunde von Herzen.

Die burgenländische SPÖ, die seit spätestens 2015, seit ihrem Koalitionspakt mit der FPÖ, sich häufig quergelegt hat zur Bundesmutter, legte sensationell zu. Mit einem Plus von acht Prozentpunkten holten die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit und zeigten damit den Bundesgenossen eindrucksvoll, was sie ihnen von Anfang an zeigen wollten: "wie Sozialdemokraten Wahlen gewinnen können".

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im "ZiB 2"-Interview.
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Dementsprechend legte sich Doskozil am Sonntagabend in der "ZiB 2" schon fest: Man wolle alle Regierungsposten selbst übernehmen. Vorstellbar seien aber inhaltliche Arbeitsübereinkommen in verschiedenen Themenbereichen, sagte der Wahlsieger. "Eine absolute Mehrheit ist eine absolute Mehrheit."

Unglauben

Schon am frühen Nachmittag sickerten die ersten Ergebnisse durch und stießen – das ist gar nicht so erstaunlich – vor allem in den sozialdemokratischen Räumlichkeiten auf Skepsis, die sich erst allmählich in Staunen wandelte, um schließlich gegen 16 Uhr in einen ordentlichen Jubel überzugehen.

"Wir waren ja", sagte Hans Peter Doskozil, "wirklich sehr defensiv unterwegs. Nie hätten wir uns gedacht, dass wir in die Region einer Absoluten kommen." Doskozil und sein Pressechef Herbert Oschep hatten ja stets verkündet, nur auf ein "kleines Plus" zu hoffen. Das wäre für sie Erfolg – und Zeigen – genug gewesen.

Dass es aber ein außergewöhnlicher Wahltag werden würde, war bald klar. Verena Dunst, Landtagspräsidentin und rotes Urgestein aus dem Bezirk Güssing, hat die Ergebnisse der meist kleinen Gemeinden notiert: Keine hatte ein Minus vorm Ergebnis.

Reaktionen der Spitzenkandidaten im Burgenland.
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Ihre Heimatgemeinde Moschendorf blieb zwar weiterhin türkis, ihre SPÖ legte aber auch dort um ganze 8,6 Prozentpunkte zu und erreichte 39 Prozent. In Grafenschachen sprang die SPÖ um 22,5 Prozentpunkte auf 75 Prozent. Im Grafenschachener Ortsteil Kroisegg ist Doskozil daheim und auf 90 ,4 Prozent der Stimmen.

Der Erfolg der burgenländischen SPÖ, den alle als persönlichen Erfolg des Hans Peter Doskozil verstanden, ging zu einem guten Teil auf Kosten des bisherigen Koalitionspartners. Die FPÖ wurde einstellig. Das "Weiterarbeiten" – der anschmiegsame Wahlslogan der Blauen – wird schwierig. Bundeschef Norbert Hofer – Gerüchte wollen ihn demnächst schon im Burgenland sehen – sieht dennoch das "drittbeste Ergebnis" in der Geschichte und solcherart eine Bestätigung der Arbeit, die halt dem Ersten in der Partie zugeschrieben werde. Johann Tschürtz weiß, "der zweite Partner ist der zweite Partner".

Wahlverlierer Johann Tschürtz (li.) war eher ratlos, Sieger Hans Peter Doskozil sichtbar gar nicht.
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Kurz kurz da

ÖVP-Chef Thomas Steiner sieht sein Ziel – "einen Dreier vor dem Ergebnis" – erfüllt. Die ÖVP hatte einen "tollen Wahlkampf" geführt. Mit reichlich Bundesbeteiligung. Sebastian Kurz war auch in Eisenstadt. Sagte aber nichts und reiste bald wieder ab. Loser passen nicht zum Winner. An seiner statt ließ Karoline Edtstadler wissen, dass sie sich über "mehr Türkis für das Burgenland" freue.

Kurz' Bundeskoalitionäre waren den regionalen Grünen auch keine Hilfe. Burgenlandchefin Regina Petrik war freilich routiniert genug, darzulegen, dass "es immer eine große Herausforderung ist, die Erwartungen nach Hause zu bringen". Die Grünen blieben im Wesentlichen gleich. Die FPÖ-Abspalter des Bündnisses Liste Burgenland flog aus dem Landtag, die Neos kamen nicht hinein.

Diskussion über die Wahlergebnisse im Burgenland und in Niederösterreich in der ORF-Sendung "Runder Tisch".
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Und die SPÖ hat nun in Österreich ordentlich zu tun. Am Sonntagabend freute sich Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner sichtbar. Nach einer langen, langen Durststrecke habe die SPÖ gezeigt, dass sie auch gewinnen könne. "Wir alle können uns ein Beispiel nehmen, wie die gesamte SPÖ Burgenland für ein gemeinsames Ziel gelaufen ist." Sagte sie.

Im Wahlkampf haben sie und die Bundes-SPÖ allerdings keine Rolle gespielt. Und das, so waren sich alle einig an diesem Abend, war einer der Gründe für den fulminanten Erfolg. Der Erfinder des eigenständigen burgenländischen Weges und des Hans Peter Doskozil, Altlandeshauptmann Hans Niessl, stand still unter den Feiernden. Und war zufrieden. (Wolfgang Weisgram, 26.1.2020)