Lebensgefährtin Annemarie Aufreiter erinnert sich an Johanna Dohnal.

Foto: Derflinger Productions

Sabine Derflinger drehte das Porträt "Die Dohnal".

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Als Staatssekretärin und Frauenministerin kümmerte sich Johanna Dohnal für die Anliegen von Frauen.

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Dandy und Frauenversteherin: So sah die Fotografin Elfie Semotan Johanna Dohnal.

Foto: Derflinger Productions / Elfie Semotan

Es ist der 3. November 1979, Parteitag der SPÖ, Villach, 23 Uhr. Johanna Dohnal gibt ihr erstes Interview als Frauenstaatssekretärin.

Der ORF-Journalist Robert Hochner kommt gleich zur Sache und stellt die berüchtigtste aller Journalistenfragen: "Was ist das für ein Gefühl?" Dohnal antwortet schnell und direkt: "Überhaupt kein Gefühl im Moment. Außer, dass es hier sehr heiß ist."

"Wie jeder andere Mensch auch"

Hochner lässt nicht locker: ob sie sich als Frau wie jeder andere Staatssekretär auch fühlen werde? Dohnal: "Ich weiß überhaupt nicht, wie sich ein Staatssekretär fühlt. Ich glaube, so wie jeder andere Mensch auch, aber die Frauenfrage ist eine gesellschaftspolitische und nach meiner Auffassung keine Frauenfrage. So habe ich das in der Vergangenheit immer dargestellt, und so werde ich das sicher auch in Zukunft tun."

Spätestens an dieser Stelle des Films Die Dohnal von Sabine Derflinger vermisst man die ehemalige Frauenministerin sehr.

Man darf hoffen, dass Chauvinismus dieser Art in journalistischen Interviews heute keinen Platz hat. Die Tatsache, dass es offenbar einige Zeit brauchte, bis Derflinger dieses filmische Porträt in die Öffentlichkeit bringen konnte, deutet allerdings auf einen bleibenden, institutionalisierten Schlendrian bei frauenpolitischen Themen hin.

Zornige Männer

Aber jetzt ist er da. Ein Film, der an die garantiert effizienteste Frauenstaatssekretärin und -ministerin der Republik erinnert. Dohnal ist ab 1956 in der SPÖ tätig und von 1979 bis 1995 Ministerin. Unter ihr wird Vergewaltigung in der Ehe strafbar, Amtsvormundschaft bei ledigen Müttern abgeschafft, sexuelle Belästigung Rechtstatbestand und Wegweisung bei Gewalt in der Ehe Gesetz. Erstmals gibt es Frauenhäuser, Frauenquote und Gleichbehandlungsgesetze. Zeitgenossen, etwa Emmy Werner, Gertraud Knoll, Brigitte Ederer, Ferdinand Lacina, Trautl Brandstaller, Käthe Kratz und Elfie Semotan, erinnern sich an die 2010 verstorbene Politikerin, die sich gegen Männerbünde durchsetzte und dafür einen hohen Preis zu zahlen hatte.

Der Zorn der Männer auf "die Dohnal" kannte keine Grenzen. Feminismus war per se verdächtig, erzählt die Krone-Journalistin Eva Deissen (1947–2010) in Archivaufnahmen. Sie, die sich in ihren Kolumnen als eher gemäßigt sah, berichtet von Anfeindungen, die "rational nicht erklärbar waren". Dohnal erging es nicht anders. Hass ist ein starkes Wort, Dohnal bekam ihn zu spüren.

481.959 unterschrieben das Frauenvolksbegehren 2.0

Der Film forscht aber auch der Privatperson nach. Ihre Lebensgefährtin Annemarie Aufreiter kommt zu Wort, ebenso Dohnals Tochter und Enkelin. Und er schlägt eine Brücke zu jungen Feministinnen von heute, etwa der Publizistin Hanna Herbst und der Jungsozialistin Julia Herr.

Derflinger legt Die Dohnal nicht als bloßes historisches Porträt an, sondern diskutiert Themen der Zeit und mahnt die Lösung gegenwärtiger frauenpolitischer Defizite ein. Zur Erinnerung: Im Oktober 2018 haben 481.959 Personen das Frauenvolksbegehren 2.0 unterschrieben. Als das Volksbegehren im Nationalrat diskutiert wurde, waren alle Minister der rechtskonservativen Regierung abwesend. (Doris Priesching, 14.2.2020)