Das gerichtliche Nachspiel eines Polizeieinsatzes im Rahmen einer Klimademonstration Ende Mai in Wien dauert an.

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Die juristische Aufarbeitung der Vorfälle rund um eine Klimademonstration Ende Mai 2019 in Wien ist um eine weitere Entscheidung reicher: Das Verwaltungsgericht Wien hat ein Straferkenntnis der Wiener Landespolizeidirektion gegen den Aktivisten und Buchautor Anselm Schindler aufgehoben. Dem Deutschen wurde vorgeworfen, sich aggressiv verhalten zu haben. Außerdem habe er sich, so die Exekutive, nach Auflösung der Versammlung geweigert, sich von dieser zu entfernen.

Das Verwaltungsgericht geht aber davon aus, dass Schindler nicht verpflichtet war, sich zu entfernen, da er nur auf dem Gehsteig stand und sich an der Sitzblockade auf der Fahrbahn – der die Auflösung der Versammlung galt – gar nicht beteiligt hatte. Weiters habe sich Schindler nicht aggressiv verhalten, so das Gericht.

Amtshandlungen rechtswidrig

Was Ende Mai passierte: Klimaaktivisten störten im Bereich der Wiener Urania den Verkehr durch eine Sitzblockade auf der Fahrbahn. Als die Exekutive beschloss, die Blockade zu räumen, kam es zu teils gewaltvollen Zwischenfällen. Bereits mehrere Male wurde mittlerweile gerichtlich festgestellt, dass dort durchgeführte Amtshandlungen zumindest zum Teil rechtswidrig waren.

Schindlers Fall sorgte für besonders viel Aufsehen. Bei seiner Festnahme wurde er von Polizeibeamten unter einem Bus fixiert, der währenddessen anfuhr und nur knapp vor seinem Kopf wieder zum Stehen kam. Schindler, der stets angab, lediglich als Beobachter vor Ort gewesen zu sein, erlitt einen Schock. Er musste anschließend eine Nacht im Polizeianhaltezentrum verbringen.

Als "bemerkenswert" bezeichnet Schindlers Rechtsanwalt Clemens Lahner die deutlichen Worte des Richters in der Begründung: "Abschließend sei angemerkt, dass die Videobilder von der Amtshandlung im Hinblick auf die willkürliche bzw. unmotivierte Aggression und Gewaltanwendung seitens des staatlichen Organs (...) in einem demokratischen, liberalen Rechtsstaat wie Österreich erschreckend und verstörend wirken." Weiters heißt es: "Noch erschreckender ist der Umstand, dass der Beamte in weiterer Folge nicht davor zurückschreckte, eine Anzeige mit unwahren Angaben zu verfassen und eine offenkundig falsche Aussage als Zeuge zu machen."

Strafrechtliche Ermittlungen

Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen acht Beamte, wie eine Sprecherin dem STANDARD im Jänner mitteilte. Überwiegend wird wegen des Verdachts auf Körperverletzung ermittelt. Doch auch etwaige falsche Polizeiberichte werden geprüft.

Der Aktivist legte außerdem Maßnahmenbeschwerde ein, welcher das Verwaltungsgericht bereits vergangenen Dezember stattgegeben hat. Laut Erkenntnis war die gesamte Amtshandlung gegenüber Schindler rechtswidrig, was sowohl seine Festnahme, die gewaltsame Fixierung als auch die Anhaltung betraf. Schadenersatzforderungen werden derzeit im Amtshaftungsverfahren geltend gemacht. (Vanessa Gaigg, 6.3.2020)