Ex-Zivildiener sollen dabei helfen, Versorgungslücken in der Corona-Krise abzumildern.

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Während in vielen Branchen die Arbeit zum Erliegen gekommen ist und daher Personal im Übermaß vorhanden ist, stellt sich die Situation im Gesundheits- und Betreuungswesen umgekehrt dar. Hier braucht es keine Milliardenpakete, sondern mehr helfende Hände, um den dräuenden Peak der Corona-Krise zu bewältigen. Verschärft wird das Problem durch potenzielle Infektionswellen beim Betreuungspersonal sowie vor allem den Ausfall vieler osteuropäischer 24-Stunden-Pflegerinnen, deren Reisewege wegen der Grenzschließungen Ungarns blockiert sind. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gab sich am Mittwoch nach dem Ministerrat eher pessimistisch, was die Aushandlung eines Reisekorridors mit den östlichen Nachbarländern anlangt: "Wir müssen für den Fall vorbereitet sein, dass es nicht gelingt."

Einen Teil der Lösung soll die Mobilisierung von Zivildienern liefern. Aktuell werden junge Männer, die ihren Dienst im Normalfall demnächst beendet hätten, zur Verlängerung um drei Monate verpflichtet. Zudem werden Ex-Zivis angeschrieben, die in den vergangenen fünf Jahren im Rettungs- und Krankenwesen oder der Altenbetreuung tätig waren. Bisher haben sich schon rund 3.000 Personen freiwillig gemeldet, um sich für einen außerordentlichen Zivildienst zur Verfügung zu stellen. "Das ist schön", befand der Bundeskanzler. Doch was, wenn das nicht reicht? Kurz deutete an, dass dann wohl weitere Ex-Zivis zum neuerlichen Dienstantritt verpflichtet werden. Auch David Stögmüller, Zivildienstsprecher der Grünen, hält das im Gespräch mit dem STANDARD für denkbar: "Wenn sich die Entwicklung zuspitzt, könnte das notwendig werden."

Außerordentlich und neu

Gesetzliche Grundlage ist Paragraf 21 des Zivildienstgesetzes, der bei "Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und außerordentlichen Notständen" die Einberufung von Ex-Zivis ermöglicht, die jünger als 50 sind. In der Praxis dürfte der Fokus wohl auf jenen liegen, deren Einsatz nicht allzu lange zurückliegt, darunter viele Studierende. Für eine regelrechte Ausbildung fehlt freilich die Zeit, das Sozialministerium arbeitet daher an schnellen Einschulungsprogrammen, um die Not-Zivis wenigstens rudimentär an ihre Tätigkeiten heranzuführen.

Erfahrungswerte gibt es beim außerordentlichen Zivildienst nicht, denn bisher kam diese Option nie zum Einsatz. Die Regierungsfraktionen arbeiten für die Nationalratssitzung am Freitag intensiv an einer Änderung des Gesetzes, um die Zivildiener auch flexibler einsetzen zu können, als das nach geltender Rechtslage zulässig ist. Man will etwa sicherstellen, dass Zivis nicht nur bei anerkannten Trägerorganisationen – wie etwa Caritas und Rotes Kreuz – arbeiten dürfen, sondern je nach Bedarf an der Sicherung der kritischen Infrastruktur mitwirken können. "Wir brauchen auch für den Zivildienst ein Krisengesetz, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein", sagt Stögmüller. (Theo Anders, 19.3.2020)