Luftaufnahme eines Schiffs der libyschen Küstenwache im Mai 2019. (Symbolfoto)

Foto: Sea-Watch.org

Tripolis – Nach ihrer gescheiterten Überfahrt nach Europa sind Dutzende Migranten aus dem Hafen der libyschen Hauptstadt Tripolis geflohen. Sie seien entkommen, als das Gelände am Freitag beschossen worden sei, sagte eine Sprecherin der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am Samstag in Genf. Rund 200 Migranten, die ebenfalls fliehen wollten, seien gefasst worden.

Die Menschen gehörten zu insgesamt 280 Menschen an Bord eines Schiffes, das in dieser Woche bei der Überfahrt nach Europa abgefangen worden war. Unter ihnen waren auch Frauen und Kinder.

Tripolis unter Beschuss, IOM besorgt

Die libysche Küstenwache hatte das Boot zurück in den Hafen von Tripolis gebracht. Dort durften sie zunächst nicht an Land gehen, weil es in Tripolis immer wieder zu Beschuss kommt. Am Donnerstagabend durften sie das Schiff dann verlassen, mussten aber nach IOM-Angaben in einem Landungszentrum im Hafen bleiben.

In Libyen tobt seit 2011 ein Bürgerkrieg. Truppen des einflussreichen Generals Khalifa Haftar sind bis vor Tripolis vorgerückt, wo die international anerkannte Regierung ihren Sitz hat.

IOM zeigte sich wegen des ungewissen Schicksals festgehaltener Migranten extrem besorgt. Die rund 200 gefassten Menschen seien in zwei Lager gebracht worden. Bei einem handle es sich nicht um eine offizielle Einrichtung. Kritiker bemängeln in Libyen immer wieder massive Verstöße gegen die Menschenrechte der Migranten. Diese werden zudem durch Kämpfe und Bombardierungen bedroht.

In Tripolis spitzt sich die Lage zudem zu, weil dort seit rund einer Woche die Wasserversorgung für mehr als zwei Millionen Menschen unterbrochen ist. Diese wurde nach UN-Angaben von einer bewaffneten Gruppe abgeschnitten, die inhaftierte Familienmitglieder freipressen will. Die Gruppe hatte libyschen Medienberichten zufolge eine Station zur Kontrolle der Wasserverteilung gestürmt. Eine derartige kollektive Bestrafung von Millionen Unschuldiger sei abscheulich, erklärte der UN-Nothilfekoordinator für Libyen, Yacoub El Hillo. (APA, 11.4.2020)