Berufstätige Eltern können aufatmen. Ab Mittwoch sperren Krippen, Kindergärten und Volksschulen wieder auf. Der alltägliche Härtetest, gleichzeitig den Nachwuchs zu umsorgen und den Job zu schupfen, wird ein Ende haben.

Zum Leidwesen heimischer Familien ist hier nicht von Österreich die Rede, sondern von Dänemark. Hierzulande tritt die türkis-grüne Regierung den Weg zurück in die Normalität von der entgegengesetzten Richtung an: Schulen und Kindergärten kommen erst spät, frühestens Mitte Mai, dran. Dafür gibt es plausible Argumente – so könnten viele Kinder auf einem Haufen das Coronavirus massiv weiterverbreiten. Doch die Frage, wie Mütter und Väter speziell kleiner Kinder die Doppelbelastung einen weiteren Monat meistern sollen, spart die Koalition bei ihren sonst durchaus ausufernden Auftritten weitgehend aus. Pflichtschuldiger Dank für "die unglaublichen Entbehrungen und den Verzicht" allein hilft niemandem weiter.

Ein Vollzeitjob ist im familiären Homeoffice Utopie.
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Die aktuelle Regelung birgt einige Wenn und Aber. In einer Art Notbetrieb stehen die Betreuungseinrichtungen für Kinder offen, deren Eltern in der Arbeit "unabkömmlich" sind; laut Gesundheitsministerium zählen da nicht nur Ärzte, Pfleger und andere Menschen in Schlüsselberufen dazu, sondern auch die Bediensteten jener Geschäfte, die seit dieser Woche wieder geöffnet haben dürfen. Generell gilt jedoch nach wie vor das Gebot: Möglichst viele Kinder sollen zu Hause betreut werden.

Die für die Kinderbetreuung zuständigen Länder haben diesen Appell in mehr oder minder deutliche Direktiven gegossen. Eindeutig fiel etwa die Version in Wien aus: Wer derzeit seinen Beruf zu Hause ausübt, solle die Kinder in den eigenen vier Wänden beaufsichtigen.

Dies ist aber für viele, die der Arbeitgeber in der Krise nicht radikal auf Kurzarbeit zurückgestuft hat, weltfremd. Kleinkinder im Haushalt lassen es schlicht nicht zu, dass sich beide Elternteile stundenlang hinter dem Computer verschanzen – ein Vollzeitjob ist im familiären Homeoffice Utopie. Es kann ja nicht der Anspruch sein, den Nachwuchs den ganzen Tag vom Fernseher sedieren zu lassen.

Eine gewisse Abhilfe gibt es. Die Kindergärten bieten auch an, in besonderen Situationen einzuspringen, engagierte Leiterinnen telefonieren – um beim Beispiel Wien zu bleiben – jede einzelne Familie durch, um nach den Bedürfnissen zu fragen. Ähnliches hat der Bundeskanzler verlautbart: Es sei "keine Schande", tageweise Betreuung in Anspruch zu nehmen, wenn die Lage in der eigenen Wohnung unerträglich wird. Diese Empfehlung wird dem Problem jedoch nicht gerecht. Statt bloß punktueller Nothilfe brauchen berufstätige Eltern durchgehende verlässliche Lösungen.

Die Regierung hat dabei noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. So können Arbeitnehmer derzeit nur dann eine Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Ein Rechtsanspruch, wie ihn die Arbeiterkammer fordert, wäre ein Baustein, um mehr Entlastung zu bieten – wobei der Staat den krisengebeutelten Unternehmen die Lohnfortzahlung abnehmen sollte.

Das Geld wäre gut investiert. Denn fühlen sich Mütter und Väter überfordert, könnten sie entgegen allen Appellen auf jene Lösung zurückgreifen, die vor der Krise gang und gäbe war: den Einsatz von Großeltern und anderen Nannys. Doch das hintertreibt den Kampf gegen das Virus erst recht. (Gerald John, 14.4.2020)