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Die ersten dänischen Schulen haben wieder geöffnet. Regierungschefin Mette Frederiksen besuchte die Lykkebo-Schule in Kopenhagen.

Foto: AP/Davali

Wie schon bei der Verhängung der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie folgen auch bei deren Rücknahme die verschiedenen Staaten Europas unterschiedlichsten Konzepten und bilden so ein Flickwerk aus Verboten und Einschränkungen.

Österreich zählt zu jenen Ländern, in denen zunächst Beschränkungen in Handel und Wirtschaft gelockert werden. Hier dürfen seit Dienstag Geschäfte unter bestimmten Kriterien wieder aufsperren.

Dänemark setzt hingegen andere Schwerpunkte. Hier haben am Mittwoch die Schulen und Kindergärten wieder geöffnet, das Land ist damit das erste Europas, das die Bildungseinrichtungen zum Teil wieder hochfährt. Rund ein Drittel bis die Hälfte der Volksschulen nahm nach einem Monat Sperre den Unterricht wieder auf – mit zwei Metern Abstand zwischen den Tischen. Ab Montag sollen dann alle Volksschulen wieder offen haben, in vier Wochen folgen die höheren Klassen. Einige Eltern protestieren gegen die Aufnahme des Unterrichts.

Schweden ist von Haus aus einen Sonderweg mit Verhaltensempfehlungen anstelle von Verboten gegangen. Hier blieben Restaurants und Geschäfte unter Auflagen ebenso geöffnet wie die Grenzen. Nur Schüler ab der neunten Schulstufe wurden auf Heimunterricht umgestellt.

Italien war das erste Land in Europa, das drastische Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Epidemie verfügt hatte, und es wird eines der letzten sein, das den Lockdown wieder lockert: Die Regierung hat entschieden, dass die Kontaktsperre und die Schließung der meisten Betriebe bis mindestens 3. Mai aufrechterhalten werden. Die Kindergärten, Schulen und Universitäten bleiben in Italien bis im September geschlossen. Den Bürgern wird ein Aktionsradius von 200 Metern außerhalb der eigenen Haustüre zugestanden. Es herrscht faktisch Hausarrest. Angesichts konstant rückläufiger Infektionen regt sich immer lauter Kritik an der unflexiblen Haltung der Regierung. Die ließ sich bisher nicht erweichen – das liegt auch daran, dass sie bisher nicht ansatzweise in der Lage war, eine Exit-Strategie aus dem Lockdown zu entwickeln.

Belgien gehört ebenfalls zu den ersten EU-Ländern, die strikte Maßnahmen gesetzt haben. Bereits am 11. März wurde beschlossen, Schulen, Geschäfte, Cafés, Kinos, Theater und Freizeiteinrichtungen zu schließen. Nur lebensnotwendige Tätigkeiten sollten verrichtet werden. Die Hoffnung der Bürger, dass nach Ostern die Öffnung beginnt, wurde enttäuscht. In dem kleinen Land mit 11,5 Millionen Einwohnern starben bis Mittwoch 4.440 Menschen, Corona-infiziert oder mit Corona-Verdacht, fast die Hälfte in Altenheimen – sehr viele im Vergleich auch mit Italien oder Spanien. Obwohl die Zahl der Infizierten abflacht, geht die Regierung von Sophie Wilmès auf Nummer sicher und verlängert die Maßnahmen bis 3. Mai. Erst in zwei Wochen soll über den Stufenplan zum Exit entschieden werden.

Deutschland muss sich noch gedulden, die Kontaktsperren dauern bis 3. Mai an, im Freien müssen die Bürger 1,5 Meter Abstand halten. Ab Montag dürfen Läden mit weniger als 800 Quadratmetern öffnen, allerdings gibt es strenge Hygienemaßnahmen. Das gilt auch für Friseure, die ab 4. Mai wieder Haare schneiden dürfen.

Am 4. Mai werden auch die Schulen schrittweise wieder öffnen, zunächst sind die Matura-Jahrgänge dran. Großveranstaltungen bleiben den ganzen Sommer über verboten, eine Maskenpflicht kommt nicht, Maskentragen wird aber sehr empfohlen.

Großbritannien plant für Donnerstag die Verlängerung der seit gut drei Wochen andauernden Kontaktsperre bis 7. Mai. Labour-Oppositionsführer Keir Starmer beteuert seine Unterstützung, will die konservative Regierung aber dazu bewegen, einen Plan für den Exit aus dem Lockdown zu veröffentlichen: "Die Menschen wollen Licht am Ende des Tunnels sehen." Aus der Downing Street heißt es, man dürfe die Briten jetzt nicht durch eine Diskussion darüber verwirren, wie eine Rückkehr zur Normalität gestaltet werde.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die am 16. März beschlossene Ausgangssperre um weitere vier Wochen bis zum 11. Mai verlängert. Und zwar mit "strikter" Geltung: Nur wenige Ausnahmen wie Pflege, Einkaufen, Berufsfahrten werden geduldet. Danach sollen zuerst Kindergärten und Schulen wieder öffnen. Die Universitäten bleiben hingegen bis über den Sommer geschlossen. Dasselbe gilt für die Grenzen zu Nicht-EU-Ländern und auch für Restaurants und Kulturstätten. Die Sommerfestivals im ganzen Land werden frühestens Mitte Juli stattfinden dürfen. Schutzmasken sollen zwar allgemein getragen werden, vorschreiben will Macron das aber nicht.

Tschechiens Regierung hat am Dienstagabend einen detailreichen Plan zur Wiederbelebung von Wirtschaft und Bildungswesen vorgestellt. Handwerksbetriebe, Bauernmärkte oder Autohäuser dürfen nächsten Montag wieder öffnen, eine Woche später sind alle Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 200 m² an der Reihe. Nach Größen gestaffelt geht es dann weiter in einem insgesamt fünfstufigen Plan. Für die Gastronomie sind die wichtigsten Stichtage der 25. Mai (Gartenbetrieb) und der 8. Juni (Betrieb auch in Innenräumen). Auch die Wiederaufnahme des Schul- und Unibetriebs soll in mehreren Phasen ablaufen: An den Hochschulen können ab Montag kleinere Lehrveranstaltungen für höhere Semester durchgeführt werden. Am 11. Mai sind dann höhere Jahrgänge mittlerer Schulen an der Reihe, um sich auf Matura- oder ähnliche Abschlussprüfungen vorzubereiten. Kinder aus der Elementarstufe sollen zwei Wochen später zur Schule dürfen – aber nicht müssen. Die Lockerungen sollen freilich nur umgesetzt werden, wenn die Entwicklung der Infektionszahlen es erlaubt, hieß es in Prag.

Kroatien will in den kommenden Tagen als ersten Schritt den öffentlichen Verkehr wieder zulassen. Dies bestätigte ein Mitglied des Nationalen Katastrophenschutzes, Krunoslav Capak.

Slowenien wird nicht vor kommender Woche den Notbetrieb ändern. Aber Handschuhe in Geschäften sind nun nicht mehr verpflichtend, dafür muss es in geschlossenen Räumen für alle Personen Desinfektionsmittel geben. (Michael Vosatka, Dominik Straub, Thomas Mayer, Birgit Baumann, Sebastian Borger, Stefan Brändle, Gerald Schubert, Adelheid Wölfl, 15.4.2020)