Wer wie Alexander Grünberger Klavier spielt und noch dazu seinen Charme hat, braucht sich um die Nachbarn nicht zu sorgen. "Ich hab mich, als ich vor 13 Jahren eingezogen bin, als Musiker vorgestellt und jedem meine Telefonnummer gegeben, mit der Bitte, mir sofort eine SMS zu schreiben, wenn es zu laut ist." Eine Nachricht zu schreiben, ist der Grazer überzeugt, geht leichter und schneller als irgendwo anzuläuten. Bis man das macht, ist man schon so geladen, dass die Sache nur allzu leicht aus dem Ruder läuft. Selbst in seiner Zahnarztpraxis – er verdient sein Geld nicht nur als Musiker – hatte er einige Zeit einen Flügel stehen. Auch da gab es nie Probleme mit den Nachbarn.

Alexander Grünberger am E-Piano bei einem Auftritt mit seiner Band "Green Symphony".
Foto: Guido Gluschitsch

Die Nachbarn waren auch nicht der Grund dafür, dass Gabriele Gluschitsch ihren Keller fürs Proben adaptierte. Rundum wohnt niemand, der sich daran stören könnte, wenn sie Schlagzeug spielt – nur im Geschoß oberhalb werkt der diesbezüglich sehr robuste Autor dieses Texts im Homeoffice. Der leere Kellerraum hatte allerdings einen fürchterlichen Klang. Um die klirrenden Höhen zu dämpfen, die von überall reflektiert wurden, haben wir den Raum mit Schaumstoffmatten ausgekleidet und einen Teppichboden verlegt. Ihr Proberaum ist also nicht schalldicht, sondern lediglich klangoptimiert. Wenn Gabriele zeugelt, vibrieren folglich immer noch die Gläser in der Kellerbar, aber man kann im Büro ohne weiteren Lärmschutz arbeiten. So viel dämmen die Matten dann am Ende doch.

Gabriele Gluschitsch beim Üben. Den Proberaum haben wir mit Akustikschaumstoff ausgekleidet – weniger für die Schallisolation, sondern um den Klang zu verbessern.
Foto: Guido Gluschitsch

Akustikschaumstoffe gibt es in verschiedenen Farben und Stärken. Während die Farbe allein der Optik dient, lassen sich mit unterschiedlichen Stärken und Noppen jeweils andere Frequenzen herausfiltern. Ein halber Quadratmeter der Matten kostet rund zwei Euro für die ganz hohen Frequenzen ab etwa 1500 Hertz, bis zu neun Euro für die tiefen Frequenzen ab etwa 200 Hertz.

Günstig und effektiv

Für das Auskleiden des Kellerraums benötigten wir Material um rund 300, 350 Euro – da sind die Kleber aber schon mit dabei. Das Aufkleben war eine wilde Arbeit. Erst mussten wir den richtigen Klebstoff finden, und dann wollten die Platten an der Decke einzeln mehrere Stunden fixiert werden, bis sie fest waren. Wir konnten jeden Tag gerade einmal zwei, drei Matten auf die Decke picken. Fast zwei Wochen dauerte der Umbau.

Das verkleben der Platten war vor allem auf der Decke sehr mühsam, weil wir einen Kleber verwendeten, der es möglich machen soll, die Platten auch irgendwann wieder zu entfernen, ohne gleich den ganzen Putz mit von der Mauer zu holen.
Foto: Guido Gluschitsch

Etwas länger brauchte Gabrieles Schlagzeuglehrer, der seinen Proberaum in einem Nebengebäude seines Hauses errichtete. Peter Szenczy ist Profimusiker und wollte der friedlichen Nachbarschaft wegen eine gute Schallisolierung. Er baute sich deshalb selbst eine Raum-in-Raum-Konstruktion. Bei einer solchen wird in den bestehenden Raum ein weiterer Raum so eingebaut, dass es möglichst wenige Schallbrücken zu den äußeren Wänden gibt.

Raum-in-Raum

Er zog einen weiteren Boden ein, baute neue Wände auf, hängte die Decke ab und isolierte alles mit Dämmwolle. Akustikschaumstoffe, wie Gabriele sie nutzte, setzte er äußerst sparsam ein und verbaute sie nur an neuralgischen Stellen wie dem Fenster oder Durchgängen. "Die Noppenmatten dämpfen sehr stark, und der Klang wird unglaublich trocken, das wollte ich nicht", sagt Peter Szenczy. Er hat sich für eine andere Methode entschieden, den Klang zu optimieren und Reflexionen zu verhindern – noch dazu eine, die äußerst günstig war. Er kleidete den Raum mit Eierkartons aus, die er bei einem Betrieb in der Umgebung holte.

Peter Szenczy baute einen eigenen Raum in den Raum um sein Nebengebäude fast schalldicht zu machen und kleidete diesen mit Eierkartons aus, um unangenehme Reflexionen zu minimieren.
Foto: Guido Gluschitsch

Der Klang im Raum ist sehr natürlich, und im Hof hört man kaum noch etwas, selbst wenn Peter Szenczy die Becken tanzen lässt. Am Ende kam auch er mit ein paar Hundert Euro für den Umbau des Proberaums aus, der groß genug ist, dass er mit seiner ganzen Band Die Präsidenten spielen kann.

Tusita Studio

Eine ganz andere Dimension hat das Tusita-Studio von Peter und Max Legat. Peter Legat kennt man als den Count und Chef von Count Basic. Er unterrichtet zudem E-Gitarre am Institut für Popularmusik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Sein Sohn Max spielt in mehreren Formationen Schlagzeug.

Peter und Max Legat haben sich einen professionellen Proberaum zugelegt, der auch als Aufnahmestudio dienen kann. Daniela Legat sorgte dafür, dass die Räume des Studios nicht nur für die Ohren, sondern auch für die Augen angenehm sind.
Foto: Guido Gluschitsch

Das Tusita-Studio befindet sich im 19. Bezirk in Wien, unweit der U-Bahn-Station Nußdorfer Straße, im Souterrain eines Hauses und dient nicht nur den beiden als Proberaum, sondern kann auch von anderen Bands – über die Homepage maxlegat.com – gemietet werden. Neben dem Proberaum, der als Raum-im-Raum professionell vom Rest des Gebäudes entkoppelt ist, gibt es einen Loungebereich, ein großes Entree und eine kleine Küche wie auch Nebenräume.

"Max brauchte was, wo er mit seiner Band Mashiko regelmäßig proben kann", erklärt Peter Legat, warum er ein Studio suchte. "Die Räume hier baute ursprünglich ein Schlagzeuger, der nun im Ausland ist. Bevor wir das Studio demnächst in Betrieb nehmen können, mussten wir einen Wasserschaden reparieren, alles neu verkabeln und einrichten."

Dekoelemente für besseren Klang

Inzwischen ist alles weit gediegen, Daniela Legat hat sich gar schon liebevoll um die Dekoration und Einrichtung gekümmert. Der Proberaum ist fertig, Elemente, die an der Wand und der Decke hängen, sorgen für den optimalen Klang, in den Ecken stehen weitere Körper, welche die Bassfrequenzen optimieren. Der Raum ist komplett verkabelt, sodass man vor dem großen Fenster – zwei Scheiben sind darin schräg befestigt, damit sie den Schall nicht übertragen und auch der Regieraum entkoppelt ist – nur mehr das Mischpult und das Aufnahmegerät anschließen braucht.

"Plug and play", sagt Max Legat, "man steckt einfach sein Instrument an und kann schon loslegen." Für ausreichend "Head-room", wie es die Profis nennen, ist eine professionelle Anlage aufgestellt, die den Raum beschallt.

Komplett schalldicht

Draußen auf der Straße hört man nichts, als die beiden loslegen – außer den Verkehr vom Gürtel. Für Jazz-Freunde ist das fast ein wenig schade, die Nachbarn könnten das aber natürlich anders sehen, vor allem wenn im Tusita-Studio nicht nur die Legats, sondern auch andere Bands spielen. (Guido Gluschitsch, 05.06.2020)