Wie es aussieht, vollzieht VW mit dem Golf neuerdings Zweigenerationensprünge. Der Golf VI war eigentlich "nur" eine – wenn auch gründliche – Modellpflege des Fünfers, und sieht man sich Abmessungen und Radstand an, ist man geneigt, Ähnliches von der achten Generation bezüglich der siebenten zu mutmaßen.

Der Siebener war bekanntlich der erste Golf auf MQB-Basis (Modularer Querbaukasten) und brachte enorme Fortschritte, etwa bei der Masse – er war um die 100 kg leichter als der Vorgänger, auch dank warm verformter Bleche.

Mit mehr oder weniger unveränderten Außen- und Innenmaßen gibt sich der Golf weiterhin als der Fastalleskönner, der er immer schon war. Diesmal mit massivem digitalem Fingerabdruck.
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Innovationen dieser Art wird man im Golf VIII vermissen, diesmal konzentrierte sich VW schwerpunktmäßig auf Digitalisierung und vernetzte Welt, und da das volle Programm.

Das heißt nicht, dass man beim Fahrwerk groß geschlampt hätte. Der Golf fährt sich, wie ein Golf sich fahren muss. Weitgehend neutral, dabei dezent fahrdynamisch ausgelegt, ist er für Massen von Menschen, auch ungeübte, völlig problemlos zu bewegen. Und der evolutionäre, auf Perfektionierung des Vorhandenen zielende Ansatz brachte als am unmittelbarsten wahrnehmbares Ergebnis besseren Abrollkomfort mit sich.

Breitmaulfrosch-Gschau

VW betont den Umfang der digitalen Inhalte: Streaming, Webradio und so fort.
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Bevor wir uns demnächst den eTSI zu Gemüte führen, die 150-PS-Version des 1,5-Liter-Benziners mit 48-Volt-Mildhybrid und 7-Gang-DSG, haben wir uns den konventionellen mit 130 PS und 6-Gang-Schaltung angesehen. Die Maschine passt gut zum Auto, von unten heraus wirkt sie recht spurtfreudig, der Spritkonsum ist zeitgemäß zurückhaltend – auf 6,4 l / 100 km kamen wir im stadt- und autobahnlastigen Testbetrieb.

Aber wie gesagt: Die Hauptinnovationen des neuen Golfs finden sich, wenn man das so formulieren darf, in den mentalen Fähigkeiten. Sichtbare Kontaktebene ist dabei das digitale Cockpit. Serienmäßig. Wobei, solche Wohltaten vergibt VW nicht leichtfertig, sondern aus purem Kostenkalkül: Im Endeffekt kommen Bildschirm-Oberflächen mittlerweile deutlich günstiger als die vielen bisherigen mechanischen Komponenten.

VW betont den Umfang der digitalen Inhalte: Streaming, Webradio und so fort. Funktionen zum nachträglichen Freischalten, sprich: zum Bezahlen, kommen 2021 hinzu. Selbst diese unselige Allesmithör-Alexandra – "Alexa fragen" – ist integriert. Weiters mit an Bord und diesmal eindeutig sinnvoll ist auch die "Hallo Volkswagen"-Sprachsteuerung, mit der man sich von der Navigation bis zum Bestellen von Theaterkarten oder zur Suche nach der nächsten Currywurstbude hanteln kann.

Design? Der Golf, sonst stets eine in sich ruhende stilistische Entität, verlässt ein klein wenig das gewohnte Fahrwasser. Hauptstörelement ist diese seltsame Spock-Braue, gewöhnungsbedürftig aber auch das Breitmaulfrosch-Gschau.

Fazit Golf VIII: technisch voll auf Höhe der Zeit – mit allen Vor- und Nachteilen. (Andreas Stockinger, 6.7.2020)