Schon die Entstehung der Staatsholding war umstritten, ihr Alleinvorstand, Thomas Schmid, ist es auch.

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Rein wirtschaftlich betrachtet ist es um die staatliche Beteiligungsholding Öbag und ihre elf Töchter derzeit recht ruhig. Der Streit um die Herrschaft über die Casinos Austria (Casag; steht zu rund 33 Prozent in Öbag-Eigentum) ist einmal planiert. Der Aufruhr um Privatflüge von OMV-Chef Rainer Seele (die Öbag hält rund 31 Prozent an der OMV) ist Geschichte, an den Vorwürfen war laut Aufsichtsrat (Vizevorsitzender: Öbag-Alleinvorstand Thomas Schmid) nichts dran. Bei der Post AG wartet man nach dem Datenskandal das Ergebnis des Rechtsmittels gegen die 18-Millionen-Strafe ab und auch ums Verteilzentrum ist es wieder ruhig geworden.

In der Öbag selbst ist es trotzdem nicht ruhig. Sie ist im parlamentarischen U-Ausschuss zu Ibiza und Postenschacher – Auslöser war die Bestellung des Freiheitlichen Peter Sidlo in den Casag-Vorstand – Dauerthema. Öbag-Alleinvorstand Schmid ist Beschuldigter. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hegt den Verdacht, der damalige Casag-Aktionär Novomatic, dessen Kandidat Sidlo war, habe einen Deal mit der FPÖ zu Lizenzen geschlossen. Die Beschuldigten bestreiten das und es gilt die Unschuldsvermutung. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien wegen Verdachts auf Drogenmissbrauch gegen Schmid, was er bestreitet und gegenüber dem Öbag-Aufsichtsrat per eidesstättiger Erklärung zurückwies. Schmids Rechtsanwalt, Thomas Kralik, rechnet mit einer Verfahrenseinstellung.

Reger Nachrichtenfluss

Was den Tiroler u. a. in den Fokus der Ermittler brachte, war sein reger Nachrichtenaustausch u. a. mit Leuten, die mit Sidlos Bestellung zu tun hatten. Damals war Schmid noch Generalsekretär und Kabinettschef im Finanzministerium gewesen. In der ÖVP ist er seit langem verankert, pflegt gute Kontakte zu Kanzler Sebastian Kurz. Auf die entsprechende Frage der Abgeordneten sagte Kurz am 24. Juni, er kenne Schmid seit rund zehn Jahren, aber "wir sind nicht miteinander in die Schule gegangen, waren nie miteinander auf Urlaub." Letzteres antwortete Schmid fast wortgleich.

Er kam nach Kurz, mit dem er schon mal wandern oder in Klubs ging, im U-Ausschuss dran. Auf Frage von Neos-Abgeordnetem Helmut Brandstätter, ob er für den ÖVP-Obmann "gern Aufträge übernommen hat, etwa bei Personalbesetzungen von Organisationen", machte Schmid von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch.

Kritik an Besetzungen und Öbag-Entstehung

Neben Besetzungen im Öbag-Aufsichtsrat und in den Kontrollgremien der Öbag-Töchter ist ein Thema, das die Öbag nicht zur Ruhe kommen lässt, ihre eigene Entstehungsgeschichte. Schmid habe das Öbag-Gesetz wesentlich mitbestimmt und somit auch, dass es einen Alleinvorstand vorsieht. Die Ausschreibung des Chefpostens sei auf ihn zugeschnitten worden, heißt es seit jeher. Kritik, die Schmid im Ausschuss in seiner Stellungnahme mit dem Hinweis zurückwies, es hätten "zahlreiche Experten aus dem Finanzministerium und externe Experten" mitgewirkt; überdies sei das Gesetz mit breiter Mehrheit samt SPÖ-Stimmen angenommen worden.

In Öbag-Kreisen wird zudem darauf hingewiesen, dass ja auch Öbag-Vorgängerin Öbib von Alleinvorständen (Rudolf Kemler und Martha Oberndorfer) geführt worden sei. Argumentiert wird das damit, dass die Öbag sei ja nur eine Holding mit wenigen Mitarbeitern sei.

Bestens vernetzt in der ÖVP hat Thomas Schmid (hier noch als Generalsekretär im Finanzministerium) Karriere gemacht. Nun hat er viel Erklärungsbedarf.
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Allerdings erhitzt auch eine Zeugenaussage, wonach die Bestellung Sidlos mit der Zustimmung der FPÖ zu einem Öbag-Alleinvorstand verknüpft gewesen sei, die Gemüter. Arnold Schiefer (FPÖ), der laut eigenem Bekunden im U-Ausschuss bei diversen Besetzungen beraten hat, hält so einen Deal für "erwartbar". Als Schmid vom Verfahrensrichter im Ausschuss gefragt wurde, ob es zwischen seiner Vorstandsbestellung (per 1. April 2019) und jener Sidlos in die Casag (der Aufsichtsrat entschied Ende März) einen Zusammenhang gebe, entschlug er sich.

Plan B für Öbag-Spitze?

Ein Wechsel an der Öbag-Spitze ist derzeit offiziell kein Thema, "der Aufsichtsrat sieht derzeit keinen Handlungsbedarf", sagte etwa Finanzminister Gernot Blümel vor dem Ausschuss. Ganz ausgeschlossen sei das aber nicht, ist hinter den Kulissen zu hören, man arbeite an einem Plan B. Ins Spiel gebracht als potenzieller Nachfolger Schmids wird Öbag-Aufsichtsratschef Helmut Kern, der Ende Juni seine Tätigkeit als weltlicher Chef des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Wien beendet hat.

Kern als Aufsichtsratspräsident würde jedenfalls interimistischer Öbag-Chef werden, sollte Schmid vorzeitig gehen: Das sieht das Gesetz so vor. Vom Aufsichtsrat der Öbag war dazu keine Stellungnahme zu bekommen und in der Öbag kommentiert man Gerüchte nicht. (Renate Graber, 3.7.2020)