Kreativität lässt sich durch transkranielle Gleichstromstimulation gezielt fördern. Ob man dadurch zu einem Meistermaler wird, ist allerdings fraglich.

Foto: Sonny Abesamis

Kreativität ist die Grundlage künstlerischer Arbeit, ja im Grunde jeglicher Form von Innovation – und doch sind die neurobiologischen Grundlagen von Schöpfergeist und Originalität immer noch kaum erforscht. Ein Gruppe von Wissenschaftern von der Jacobs University Bremen hat sich deshalb unsere Fähigkeit genauer angesehen, neue und originelle Lösungen zu entwickeln. Dabei gelangten die Forscher zu einer überraschenden Erkenntnis: Kreativität lässt sich durch Gehirnstimulation gezielt fördern.

Eine Komponente der Kreativität ist die Fähigkeit, nach mehreren Lösungen für ein einziges Problem zu suchen. Daher wurden den Probanden der im Fachjournal "Brain Structure and Function" veröffentlichten Studie verschiedene Aufgaben gestellt: Wozu kann man etwa einen Ziegelstein verwenden, wozu eine Büroklammer? "Je mehr Ideen die Testpersonen hatten und je ausgefallener sie waren, desto besser", sagt Radwa Khalil, Erstautorin der Studie.

Unterdrückung und Förderung

Gleichzeitig wurden die Gehirnaktivitäten gemessen. "Kreativität ist nicht einer bestimmten Gehirnregion zuzuordnen. Aus vorherigen Studien ist jedoch bekannt, dass Menschen mit einer Schädigung der linken Gehirnhälfte, zum Beispiel Schlaganfallpatienten, kreativer werden", erklärt Ben Godde, Professor für Neurowissenschaften und Koautor der Studie. Um diesen Effekt zu simulieren, nutzten die Forschenden ein Verfahren zur Gehirnstimulation, mit dem eine Gehirnregion unterdrückt und eine andere aktiviert werden kann. Dieses Verfahren nennt sich "transkranielle Gleichstromstimulation." "Die Probanden mit einer aktiven rechten Gehirnregion waren eindeutig kreativer", sagt Radwa Khalil.

Zugleich maßen die Forschenden die Auswirkungen der inhibitorischen Kontrolle auf die Gehirnströme, also der Fähigkeit, seine Gedanken und Reaktionen zu kontrollieren statt ihnen freien Lauf zu lassen. "Unsere Studie zeigt zum ersten Mal, dass Kreativität mit Impulskontrolle zusammenhängt. Demnach haben Menschen mit einer geringeren Impulskontrolle nicht nur soziale Schwierigkeiten sondern es fällt ihnen auch schwerer, kreative Lösungen für ihre Probleme zu finden", erläutert Ahmed Karim, ebenfalls Koautor der Studie.

Gezielte Förderung

Ziel der Forschung ist es, die neurobiologischen Vorgänge der Kreativität besser zu verstehen. "Je besser uns dies gelingt, desto gezielter kann man sie fördern, etwa durch Trainingsprogramme", beschreibt Radwa Khalil die Bedeutung ihrer Forschung. (red, 10.8.2020)