Ex-Bankchef Martin Pucher.

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Wien – Die Malversationen in der Commerzialbank Mattersburg, die nach einem Bilanzfälschungsskandal in Konkurs ist, sollen schon vor 1992 begonnen haben und damit früher als bisher angenommen. Das geht aus einem Einvernahmeprotokoll mit einem Geständnis von Ex-Bankchef Martin Pucher vom 30. Juli hervor, aus dem das Ö1-"Morgenjournal" am Freitag zitierte.

Vor 1992, als die Bank noch zu Raiffeisen gehörte, habe es höchstens ganz einzelne Fake-Kredite gegeben. Später dann sei es um zig Millionen für den SV Mattersburg gegangen und um Bargeld für Kreditnehmer – für deren marode Betriebe. Dort seien wiederum Rechnungen fingiert und Scheinumsätze produziert worden. Die Bank habe damit frühere Kredite selber nicht verloren.

Rund 40 Millionen unrechtmäßig entnommen

Seit 1992 habe er grob geschätzt 40 Millionen Euro unrechtmäßig entnommen, dieses Geld sei zur Gänze an den SV Mattersburg geflossen, sagte Pucher laut dem zitierten Einvernahmeprotokoll. An Firmen habe es zudem Bargeld gegeben.

Übergaben hätten zu 90 Prozent in der Bank stattgefunden, aber auch bei ihm zu Hause, in der Firma oder auf einem Parkplatz. Den Kreditnehmern habe er das Geld zumeist bar gegeben und dazu gesagt: "Wir, die Bank, verdienen gut und die Bank hilft dir." Was sich diese Kreditnehmer gedacht hätten, könne er nicht sagen.

Bank-Aufsichtsrat als Kreditnehmer

Pucher nennt vier Kreditnehmer speziell, einer war Mitglied im Bank-Aufsichtsrat. Er habe ihnen das Geld gegeben, damit ihre maroden Betriebe weiterarbeiten könnten und damit die Bank frühere Kredite nicht verliere.

Wie er konkret an das Bargeld gekommen ist, erklärt Pucher laut Protokoll so: "Das Geld habe ich über Scheckeinlösungen entnommen oder durch Kreditzahlungen. Verschleiert habe ich das durch Fake-Kredite und gefälschte Bankbestätigungen."

Pucher belastet auch seine damalige Stellvertreterin in der Bank. Sie hätte Bargeldbeträge teilweise selbst in die Hand bekommen und Verschleierungshandlungen getätigt, sagte Pucher laut Protokoll.

Vortäuschung falscher Tatsachen

Beim SV Mattersburg habe er bezüglich der 40 Millionen auch gelogen und erklärt, es handle sich um Sponsorengelder. Aus seiner Sicht habe beim SV Mattersburg niemand erkannt, woher das Geld kommt, wird Pucher zitiert. Jedenfalls habe ihn niemand danach gefragt.

Dass er oder seine Familie sich bereichert hätten, bestreitet Pucher: "Auch meine Töchter hatten ein Firmenkonto. Das waren 800.000 Euro, und auch dieses Geld ist weg."

Er habe immer gehofft, die Bank durch Patentrechte auf Energiegewinnung aus Abfall zu retten. Konkurs anzumelden, dazu sei er "zu egoistisch gewesen", sagte Pucher laut Einvernahmeprotokoll.

Es gilt die Unschuldsvermutung. (APA, red, 21.08.2020)