Das Sahel gilt seit langem als Krisenregion – und es ist keine Besserung in Sicht.
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Ob politische Konflikte, ökologische Bedrohungen oder das Zusammenspiel beider Faktoren: Bis zum Jahr 2050 ist laut einer aktuellen Untersuchung des Institute for Economics and Peace (IEP) der Lebensraum von bis zu einer Milliarde Menschen gefährdet. Das könnte zu enormen Migrationsbewegungen führen, berichtet das Team um IEP-Gründer Steve Killelea.

Insgesamt machen die Forscher anhand etlicher Faktoren 31 Staaten aus, die sie als nicht widerstandsfähig genug einstufen, um die ökologischen und politischen Veränderungen der kommenden Jahrzehnte zu schultern. Das werde diese Länder vielleicht nicht vollständig unbewohnbar machen, aber doch etliche Bürger zum Umsiedeln zwingen.

Hotspots

Als besonders gefährdete Regionen stufen die Autoren die afrikanische Sahelzone, weiter südlich liegende afrikanische Staaten wie Angola oder Madagaskar sowie den Nahen Osten von Syrien bis Pakistan ein. Als größte Bedrohungen sehen sie Stürme und Überflutungen, aber auch Wasserknappheit und eine unsichere Versorgung mit Lebensmitteln. Bei ihren Berechnungen gehen die Wissenschafter davon aus, dass Naturkatastrophen in den kommenden Jahrzehnten mit mindestens der gleichen Regelmäßigkeit auftreten werden wie in den vergangenen.

Die Autoren sehen einen Zusammenhang zwischen politischen Konflikten und ökologischen Bedrohungen: Je weniger Frieden in einer Region herrsche, desto eher drohe der Kollaps. "Es ist eine Art Teufelskreis. Durch Konflikte werden die natürlichen Ressourcen von Ländern zerstört – und die Knappheit wiederum führt dann zu weiteren Konflikten", sagt Killelea erklärt. So sei es etwa im Jemen der Fall.

Migration als Folge

Infolge dieser Entwicklung warnen die Experten vor massenhaften Migrationsbewegungen, von denen vor allem die als relativ krisensicher eingestuften europäischen Länder betroffen sein würden. "Wir haben seit dem Jahr 2015 gesehen, wie selbst eine relativ kleine Zahl an Migranten massive politische Unruhen und Entwicklungen auslösen können, sagt Killelea.

Die zukünftigen ökologischen und politischen Bedrohungen dürften den Prognosen zufolge eine deutlich größere Anzahl an Menschen dazu bewegen, ihre Heimatländer zu verlassen und Zuflucht in sichereren Regionen zu suchen. So könnten sich etwa aus Pakistan, dem Iran oder Äthiopien Hunderte Millionen Menschen auf den Weg machen.

Europa müsse sich dessen bewusst werden: Regierungen müssten sich damit auseinandersetzen, wie sich die Widerstandsfähigkeit von Krisenstaaten stärken lasse. Insbesondere beim Thema Wasserknappheit gelte es, Unternehmen und Regierungen zu unterstützen. Bereits 2040 könnten mehr als fünf Milliarden Menschen von hoher oder extrem hoher Wasserknappheit betroffen sein, etwa in Indien oder China. (APA, red, 9. 9. 2020)