Auf Lesbos entsteht unweit des abgebrannten, ein neues Zeltlager.

Foto: EPA / DIMITRIS TOSIDIS

Wien – Die Opposition ist am Montag in der Sondersitzung des Nationalrats mit Anträgen zur Krise im griechischen Flüchtlingslager Moria gescheitert. Eine Mehrheit war weder für den Antrag der FPÖ gegen die Aufnahme von Flüchtlingen, noch für die Anträge von SPÖ und Neos pro Flüchtlingsaufnahme zu finden. Beide Parteien wollten mit Fristsetzungen erreichen, dass ihre Anträge dort bis zum nächsten Plenum behandelt werden. Damit blieben SPÖ und Neos aber in der Minderheit.

Die Regierung hatte zuletzt angekündigt, sich an der von mehreren EU-Staaten geplanten Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland nicht zu beteiligen. Stattdessen sollen 400 Hilfsunterkünfte sowie ein Arzt und zehn Sanitäter des Bundesheeres nach Griechenland geschickt werden.

Grüne zwiegespalten

Die Grüne Klubchefin Sigrid Maurer hatte schon am Sonntag klar gemacht, dass sie zwar für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem abgebrannten Camp auf der Insel Lesbos sei, dass sie aber trotzdem nicht mit der Opposition stimmen wird. "Wenn wir dafür stimmen, begehen wir Koalitionsbruch", sagte Maurer. Und die ÖVP habe "unmissverständliche Signale" gesendet, in so einem Fall mit der FPÖ stimmen zu wollen.

Scharfe Kritik übte Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper in diesem Zusammenhang an Kanzler Kurz aber auch den Grünen. Sie warf der Regierung "bösartiges, innenpolitisches Kalkül" und dem Kanzler die Blockade einer europäischen Lösung der Flüchtlingskrise vor.

Das neue Lager in Moria

Auf der Insel Lesbos selbst forderte die griechische Regierung indessen Migranten per Handzettel auf, das neue provisorische Zeltlager aufzusuchen. Die Zettel würden derzeit in verschiedenen Sprachen gedruckt, berichtete am Montag der griechische Staatssender ERT. "Kommt in das Lager, damit ihr von Lesbos wegkommt", soll es darauf heißen. Gleichzeitig schließt die griechische Regierung allerdings einen Transfer der Flüchtlinge aus. Dies wäre mehr als kontraproduktiv und würde Anreize für Unruhen in anderen Camps schaffen, argumentiert man in Athen."'Mach es wie Moria' könnte dann das neue Motto in anderen Lagern werden", warnt Manos Logothetis vom Migrationsministerium.

Das neue Zeltlager bietet nach Angaben aus Athen Platz für mehr als 5.000 Menschen. Nur wer das Lager beziehe, dessen Asylgesuch werde auch weiterbearbeitet. Bisher sollen nur rund 600 der insgesamt rund 12.000 Migranten in das provisorische Lager einzogen sein, nachdem das Flüchtlingslager Moria vergangenen Mittwoch bei einem Brand fast völlig zerstört wurde.

Merkel kritisiert Kurz

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat für das neue Camp Unterstützung zugesichert. Ein solches Zentrum müsse den Standards entsprechen. Die Situation in Moria sei nicht akzeptabel gewesen, sagte Merkel. Sie reagierte damit offensichtlich auch auf die Forderung von SPD-Chefin Saskia Esken, umgehend eine hohe vierstellige Zahl an Flüchtlingen in Deutschland aufzunehmen. Sie könne sich vorstellen weitere Menschen aus Griechenland aufzunehmen, sich nur auf die Zahl der Aufnahmen zu konzentrieren, sei aber "der falsche Ansatz", sagte Merkel am Montag.

Die Kanzlerin kritisierte auch die Haltung von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Die Rolle Österreichs in der europäischen Flüchtlingspolitik sei "nicht gut", genauso wie die der Niederlande. Man könne nicht auf der einen Seite beim EU-Budget einen finanziellen Rabatt fordern und sich gleichzeitig bei der Verteilung von Flüchtlingen raushalten wollen.

Athen habe Vorstellungen geäußert, "die ich sehr unterstütze", so Merkel. Demnach solle auf den griechischen Inseln nicht mehr nur von der dortigen Regierung, sondern auch von europäischer Seite gehandelt werden. Das wäre jedenfalls ein Pilotprojekt, über das man nachdenken müsse. So lägen die Hoheitsrechte erst einmal bei Griechenland. Es müsse einen Vertrag geben, dass dort auch europäisch gehandelt werden könne. Sie hielte das für einen wirklichen wichtigen Schritt bei eine Europäisierung der Migrationspolitik, sagte Merkel. (APA, red, 14.9.2020)