Bildkombination von Venus-Aufnahmen der Nasa-Raumsonde Mariner 10 von 1974.

Foto: Nasa

Monophosphan ist eine ungute chemische Verbindung. Auf unserem Planeten hat sich das geruchlose, brennbare und hochgiftige Gas einen Namen in der Schädlingsbekämpfung gemacht. Schon in niedriger Konzentration rafft es Säugetiere oder Insekten dahin.

Astrobiologen interessieren sich für die auch Phosphin genannte Verbindung aus Wasserstoff und Phosphor aber nicht wegen ihrer tödlichen Wirkung, im Gegenteil: Ihnen gilt das Molekül als mögliche Biosignatur, die außerirdisches Leben verraten könnte. Denn auf der Erde sind bestimmte Bakterien, die in sauerstofffreier Umgebung leben, als natürliche Quellen für Monophosphan bekannt. Ansonsten stammt es aus dem Labor. Dass dieses Gas nun auch in den oberen Wolkenschichten unseres Nachbarplaneten Venus nachgewiesen wurde, lässt eine faszinierende Möglichkeit zu.

Es könnte theoretisch durch biologische Prozesse entstanden sein – ausgerechnet auf unserem inneren Nachbarplaneten, dessen Oberfläche viel zu heiß für Leben ist. Forscher spekulieren schon länger darüber, ob nicht in den dichten Venuswolken Bedingungen herrschen könnten, die robustes Leben zulassen. Sollte es dort Mikroorganismen geben, müssten sie freilich anders beschaffen sein als Mikroben auf der Erde: Sie müssten in extrem trockener, saurer Umgebung überleben. Sind unbekannte Alien-Supermikroben also die Monophosphanquelle der Venus?

Dafür gibt es keine Beweise. Die Wissenschafter konnten bisher zwar noch keine schlüssige Erklärung dafür finden, welche anderen, nichtbiologischen Prozesse hinter der gemessenen Gaskonzentration stecken könnten. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Venus Leben beherbergt. Im Labor lässt sich Monophosphan auf viele unterschiedliche Weisen herstellen. Gut möglich, dass auf unserem Nachbarplaneten ganz ohne biologisches Zutun chemische Prozesse ablaufen, die Monophosphan erzeugen und uns schlicht unbekannt sind.

Rätselhaft bleibt auch, wie sich das Gas dort überhaupt halten kann: Die Venuswolken bestehen größtenteils aus Schwefelsäuretröpfchen und diversen Aerosolen. Monophosphan sollte eigentlich mit diesen Wolkenbestandteilen reagieren und sich rasch abbauen. Einen eindeutigen Hinweis liefert die Entdeckung aber schon jetzt – dass wir unbedingt genauer nachschauen sollten, was sich auf der Venus tut. (David Rennert, 15.9.2020)