Online-Prüfungen laden mehr zum Schummeln ein, sagt fast jeder Zweite – ehrlicherweise ...

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Das vergangene "Corona-Semester" war ein Experiment für viele Hochschulen. Immerhin waren sie die Ersten, die Corona-bedingt geschlossen wurden, mussten umsetzen, woran sie schon lange arbeiteten, ohne aber mancherorts schon so weit zu sein: Distance-Learning. Studierende wie Lehrende saßen quasi von einem Tag auf den anderen statt im Audimax und Seminarraum vor dem Monitor.

Da zeigte sich auch, was an den Unis und Fachhochschulen (schon) gut funktionierte und wer Nachholbedarf hat. Einige Hochschulen, aber auch die Studierendenvertreter der ÖH und das Wissenschaftsministerium, haben dafür Studierende gefragt, was ihre Learnings aus dem Distance-Learning sind. Die meisten Daten sind nicht repräsentativ, da die Teilnahme freiwillig war. Sie sind auch wenig vergleichbar, da sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt wurden und sich die Erfahrungen im vergangenen Halbjahr vermutlich verändert haben.

Wie ist es euch ergangen?

Wie erging es also den Studierenden? Im April befragte etwa das Meinungsforschungsinstitut von Peter Hajek für das Ministerium über 500 Studierende, von der die Hälfte angab, bereits vor Corona Erfahrungen mit der Remote-Uni gemacht zu haben. Die Umstellung auf Online-Lehre befanden damals rund 60 Prozent für "sehr gut" oder "gut", wobei sich die Bewertungen nach Fach unterschieden. Rund ein Drittel könne sich aber nicht mit Distance-Learning anfreunden, so die Umfrage. Im Mai kam eine Befragung der ÖH Salzburg zum Ergebnis, dass knapp drei Viertel der teilnehmenden Studierenden zufrieden mit dem Distance-Learning seien. Das sei auch das Ergebnis des hohen Engagements der Lehrenden, schließt die ÖH daraus, kritisiert aber auch, dass viele bei Prüfungen oder Lehrmaterialien "im Dunkeln" gelassen wurden.

Fehlende Sozialkontakte drückten auf Stimmung

Die FH Burgenland hat im Juni und Juli per Onlinebefragung, die dem STANDARD vorab vorliegt, die Erfahrungen aus dem Sommersemester abgefragt. Teilgenommen haben 365 Studierende und auch 85 Lehrende. 90 Prozent der Studierenden empfanden die Umsetzung der Online-Vorlesungen als "gelungen", aber nur 65 Prozent der Lehrenden. Dennoch wünschten sich die Studierenden weniger Online-Vorträge und mehr Interaktion – immerhin stuften rund drei Viertel das fehlende Sozialleben als größte Herausforderung ein, gefolgt von fehlendem persönlichen Kontakt zu den Lehrenden mit 69 Prozent.

Die fehlenden Sozialkontakte durch Distance-Learning drückte bei vielen auf die Stimmung, zeigt auch die dritte Erhebung "Lernen unter Covid-19-Bedingungen" der Uni Wien, die diese Woche veröffentlicht wurde. Das Wohlbefinden hellte sich aber gegen Ende des Sommersemesters auf, nachdem es sich im Frühjahr verschlechtert hatte. Studierenden ging es laut der Befragung auch besser, "wenn sie sich bei der Erfüllung der Aufgaben im Home-Learning als erfolgreich wahrnahmen und bei der Gestaltung des Studiums eigene Vorstellungen verwirklichen konnten".

Mehr Selbstorganisation klappt

Insgesamt kämen die Studierenden relativ gut zurecht, legt die Uni-Wien-Umfrage nahe. Generell habe sich das Lernen mehr zur Selbstorganisation gewandelt, – etwas, das vor allem zu Beginn eine Herausforderung darstellte. Bessere Selbstorganisation bedeute auch besseren Lernerfolg, resümieren die Bildungspsychologen. Auch mit der neuen Prüfungssituation schienen nur wenige Probleme zu haben: Drei Viertel der zu einer Prüfung angetretenen Befragten sagten, sie seien "gut" oder "sehr gut" damit zurechtgekommen – nur fünf Prozent berichteten über schlechte Erfahrungen. Das spiegelt sich laut Uni Wien in der leicht gestiegenen Zahl der Prüfungstermine wider.

Schlecht beurteilten die Studierenden etwa, dass man online weniger gut nachfragen konnte, manche fürchteten auch technische Schwierigkeiten. Positiv sahen viele "Open Book"-Prüfungen, wo mit Unterlagen gearbeitet werden durfte. Und: Immerhin fast jeder Zweite sagte, dass Online-Prüfungen mehr zum Schummeln einladen. (set, 6.10.2020)