Unübersehbar steht heute die weiße Marmorbüste des Gelehrten neben dem Hochstrahlbrunnen am Wiener Schwarzenbergplatz, manchmal wird sie von dessen Sprühnebel zart befeuchtet. Eduard Suess dürfte es danken, vor allem an heißen Tagen. Doch besagtes Denkmal wurde erst am 19. September 1928 enthüllt. Das kam gerade recht zur Jahrestagung der Deutschen Geologischen Gesellschaft, die dazumal in Wien tagte. Das Denkmal wurde dann in der NS-Zeit entfernt, da Suess jüdische Wurzeln in seiner Familie hatte.

Am 12. Juni 1951, also 120 Jahre nach seiner Geburt, wurde das Suess-Denkmal wieder aufgestellt, diesmal neben dem Palais Rasumofsky, dem damaligen Sitz der Geologischen Bundesanstalt. Seine Schwiegertochter, Olga Suess, war damit nicht einverstanden, einen Platz in der Nähe der Universität, wo Suess lehrte, hatte sie bevorzugt. Doch seit 1969 steht das Denkmal wieder am Schwarzenbergplatz; Olga Suess verstarb 1972 und hat es noch erlebt.

Der Hochstrahlbrunnen am Wiener Schwarzenbergplatz mit dem Denkmal von Eduard Suess.
Foto: Thomas Hofmann

Hochquellenwasserleitung und Volksgesundheit

Verunreinigtes Trinkwasser, das in der Mitte des 19. Jahrhunderts vorwiegend aus Hausbrunnen kam, führte in Wien zu einer hohen Sterblichkeit. Suess, der 1862 eine Geologie Wiens herausgegeben hatte und den Untergrund der Stadt bestens kannte, hält dazu in seinen "Erinnerungen" fest: "Da die gefährlichste Verunreinigung, nämlich jene organischen Ursprunges, an den Wohnstätten der Menschen haftet, mußten Infiltrationsgebiete gesucht werden, die außerhalb der Besiedlung liegen. Solche waren nur auf den Hochflächen der Alpen vorhanden, und die Frage war nun, ob die Quellen an dem Fuße dieser Hochflächen (Schneeberg, Rax u. a.) trotz ihrer Entfernung in Vorschlag zu bringen seien."

Für dieses ehrgeizige Projekt holte ihn Bürgermeister Andreas Zelinka (1802–1868) im März 1863 in die Wasserversorgungskommission. Am 12. Juli 1864 hatte die Kommission den Antrag beim Wiener Gemeinderat eingebracht, dass "die Vereinigung und Herbeileitung der Quellen des Kaiserbrunnens, von Stixenstein und der Altaquelle" nicht nur anzustreben, sondern auch "baldmöglichst durchzuführen" sei. Die Länge der zu bauenden Leitung war mit 112 Kilometern angegeben. In weiterer Folge wurden die Planungen vorangetrieben, und in diese Phase fallen auch die Karikaturen von Suess seitens seiner Kollegen Guido Stache und Carl Maria Paul, die ihn als Helden würdigen.

Am 25. Mai 1866 erhielt der Gemeinderat das Projekt zur Begutachtung, die Beschlussfassung erfolgte am 19. Juni 1866. Baubeginn war am 6. Dezember 1869, wenngleich der Kaiser den Spatenstich erst am 21. April 1870 vornahm.

Die im Weltausstellungsjahr 1873 eröffnete Wasserleitung zeigte nachhaltige Wirkung: "Fünfzehn Jahre später, als die neue Wasserleitung in 91 Prozent der Häuser eingeführt war, schätzte der Obersanitätsrat Prof. Drasche die bis dahin erzielte gesamte Verminderung der Todesfälle an Typhus auf 7.961, ihre Zahl vor 1867–73, 34,21 in 1.000 Todesfällen und im gleichen Zeitraum bis 1888 nur 9,44. Dabei war die Einleitung des Wassers nur nach und nach erfolgt."

Der "Neue Freie Figaro" – ein geologisches Bierblatt

Die beiden Geologen Guido Stache (1833–1921) und Carl Maria Paul (1838–1900) von der k. k. Geologischen Reichsanstalt hatten nicht nur Humor, sie verstanden auch gut zu zeichnen. Sie gaben zwischen Herbst 1865 und 1866 insgesamt 18-mal den "Neuen Freien Figaro" heraus. "Erscheint jeden Dienstag in einem einzigen Prachtexemplar und ist nicht käuflich." Der Preis war erschwinglich: "Für Einzelnummern genügt als Bezahlung ein freundliches Grinsen, für Doppelnummern mit Beilagen wird ein lautes und ungekünsteltes Lachen beansprucht." Inhaltlich ging es um aktuelle Themen aus der Welt der damaligen Geologenschaft, die humorvoll mit spitzer Feder aufgezeichnet wurden. Als Vorlage diente die humoristische Wochenschrift "Figaro", die von 1857 bis 1919 erschien.

Das Prinz-Eugen-Denkmal als Inspiration

In Nummer 3 vom 21. November 1865 finden wir Eduard Suess (alias Eduardo Dulci) in Siegerpose des Prinzen Eugen. Dessen Denkmal, das Dominik Fernkorn schuf, war einen Monat vorher, am 18. Oktober 1865, von Kaiser Franz Joseph am Wiener Heldenplatz enthüllt worden. Es ist wohl anzunehmen, dass Stache als Architekt des "Suess Monumentes in heroischer Auffassung und im urweltlichen Renaissance Styl" hier Inspiration fand. Die Medaillons tragen zwei Inschriften, zum einen: "Dem weisen Rathgeber dreier Bürgermeister. Dem Sieger über alle Zeitungspascha. Dem Ueberwinder der alten Viper" und zum anderen: "Florentis Zelinka duce Vindobonae grati cives sitientes Eduardo Dulci convivi qui ex Alpium pedibus trium fontium aquam dulcem conductam ingenies & consilio et eloquentia polita splendita, suavi in urbem tulit hoc monumentum posuerunt."

Und hier der bescheidene Versuch einer Übersetzung: "Die ehrenwerten Bürger des unter der Führung des Zelinka blühenden Wiens haben als Dürstende des Gastmahls dem Eduard Suess, der aus dem Fuß der Alpen das süße Wasser dreier Quellen zusammengeführt genial und sowohl mit Plan als auch großartig gedrechselter und süßer Redekunst in die Stadt brachte, dieses Denkmal errichtet."

Prinz Eugen am Wiener Heldenplatz von Dominik Fernkorn und Eduard Suess in Heldenpose von Guido Stache.
Foto: Thomas Hofmann / GBA

Vom Donauweibchen-Brunnen im Wiener Stadtpark …

In Nummer 5 vom 5. Dezember 1865 folgt Entwurf Nummer zwei. "Das Dreiquellen-Männchen als Pendant zum Donauweibchen. Suess-Denkmal in idyllischer Auffassung nach Gasser'schen Motiven in halbantikem Style vom Architekten Stache." Wieder diente ein aktuell aufgestelltes Denkmal als Vorlage. Der Donauweibchen-Brunnen von Hans Gasser (1817–1868) war am 30. September 1865 als erstes Monument im Wiener Stadtpark enthüllt worden. Die drei hier genannten Quellen sind die Altaquelle in Brunn bei Pitten, die Stixensteinquelle bei Sieding in der Gemeinde Ternitz und der Kaiserbrunnen im Höllental. Die Altaquelle wurde von der Gemeinde Wien erworben. Die Stixensteinquelle kam ebenso wie der Kaiserbrunnen als Geschenk seitens der Besitzer, Graf Ernst Karl von Hoyos-Sprinzenstein beziehungsweise Kaiser Franz Joseph, in den Besitz der Gemeinde Wien.

Der Gasser'sche Donauweibchen-Brunnen im Wiener Stadtpark als Vorbild für ein Suess-Denkmal, das nie ausgeführt wurde.
Foto: Thomas Hofmann / GBA

… zur Theseusgruppe von Antonio Canova

Der dritte Würdigungsentwurf wurde am 20. Februar 1866 im geologischen Bierblatt publiziert. "The Suess besiegt den Mino-lupus. Dritter Entwurf zu einem Suess-Denkmal nach Canova-Paul ausgeführt vom Architecten Stache." Der Titel benötigt Erklärungen und führt in die griechische Mythologie. Mit "Mino-lupus" (zusammengesetzt aus dem griechischen Minotaurus und dem lateinischen Ausdruck lupus für Wolf) ist der Geologe Heinrich Wolf (1825–1882) gemeint, ein Kollege von Stache und Paul an der k. k. Geologischen Reichsanstalt.

Wolf hatte einen Gegenentwurf zur Suess'schen Wasserversorgung vorgelegt und vorgeschlagen, Wasser von Quellen in Jedlesee, am linken Ufer der Donau (heute Wien Floridsdorf), zu nehmen. "Canova-Paul" ist eine Anspielung auf den italienischen Bildhauer Antonio Canova (1757–1822) und den erwähnten Geologen Paul.

Die Theseusgruppe von Antonio Canova am Originalaufstellungsplatz im Theseustempel inspirierte die Karikatur "The Suess besiegt den Mino-lupus".
Foto: Archiv Hofmann / GBA

Im Gegensatz zu den beiden anderen Entwürfen gab es keinen aktuellen Anlass. Die 1819 fertiggestellte Theseusgruppe hatte Kaiser Franz I. in Rom erworben. Sie kam im Frühjahr 1822 via Belgrad nach Wien. Aufgestellt wurde sie zunächst im Theseustempel im Volksgarten. Erst mit der Vollendung des Kunsthistorischen Museums fand die Gruppe im Jahr 1890 ihren Platz auf der dortigen Prunkstiege, wo sie heute zu besichtigen ist. (Thomas Hofmann, 22.10.2020)