Völlig inakzeptabel ist noch untertrieben. Das waren die Worte, mit denen der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig am Sonntagnachmittag das Verhalten der Wiener Polizei bedacht hat. Da war ein amtsbekannter Rechter mit einem Megafon durch den achten Wiener Gemeindebezirk gefahren, über das er abwechselnd Gewehrsalven, orientalische Musik, Muezzin-Rufe und Hassparolen gegen Muslime abspielte. Und eine Stunde lang eskortierte ihn dabei ein Polizeiauto. Eine ganze Stunde lang. Im Nachhinein lautete die Erklärung, man habe die Sache erst juristisch abklären müssen. In der Zwischenzeit wurden arglose Josefstadt-Bewohner durch diese verrückte Aktion zu Tode erschreckt.

Derselbe Tag, dieselbe Stadt: Bei einer "Anti-Corona-Demo" in der Wiener Innenstadt wurden mehrere Journalisten, darunter auch ein ORF-Team, von Demo-Teilnehmern bedrängt und sogar so stark bedroht, dass sie die Dreharbeiten einstellen mussten. Wo war da die eskortierende Exekutive, die das Recht auf Pressefreiheit verteidigt hätte?

Es scheint, als hätte die Wiener Polizei Nachhilfe in Wertekunde nötig. Erstens: Wenn einer Hassreden und Gewehrsalven abfeuert, darf man ihm das in Österreich gleich verbieten.

Zweitens: Die Versammlungsfreiheit steht nicht über der Pressefreiheit. Wenn die sich frei Versammelnden sich über die freien Medien erheben und diese an der Arbeit hindern wollen, ist das sofort zu unterbinden. So schwierig ist das nicht. (Petra Stuiber, 9.11.2020)