Zweimal in 15 Monaten 0:9 zu unterliegen hat Seltenheitswert.

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Manchester – Da stand Ralph Hasenhüttl wieder. Von den 90 Spielminuten schwer gezeichnet. Ein verirrtes Lachen war die einzig sichtbare emotionale Regung, die dem Teammanager des FC Southampton entfuhr, als sich ausgerechnet am Murmeltiertag die Ereignisse von vor 15 Monaten wiederholten. Null zu Neun: Alles, was Hasenhüttl in diesem Moment blieb, war Ernüchterung gemischt mit einer Spur Trotz.

"Was soll ich sagen? Es gibt keine Skala, die beschreiben kann, wie groß die Enttäuschung ist. Es ist schrecklich. Aber wir sind nach dem ersten 0:9 aufgestanden, und wir werden auch nach dem zweiten aufstehen", sagte der steirische Coach nach dem Debakel am Dienstagabend mit ausdrucksloser Miene der BBC, da war die 0:9 (0:4)-Pleite bei Manchester United gerade einige Augenblicke alt. Auch Hasenhüttl konnte nicht verneinen, dass ihn schon während der Partie Gedanken an den 25. Oktober 2019 heimgesucht hatten. Den Tag, als Leicester City die Saints mit demselben Ergebnis abgefertigt hatte.

"Achterbahnfahrt"

"Natürlich hast du das im Kopf", sagte der Steirer: "Es war wieder eine Achterbahnfahrt." Damals war er, der den Klub seit Amtsantritt 2018 vom Abstiegskandidaten in einen soliden Premier-League-Klub mit Chancen nach oben verwandelte, von den englischen Medien angezählt worden. Auch diesmal urteilten die Gazetten hart. Von einem "Albtraum-Abend", schrieb der Guardian, die Daily Mail nannte das Resultat "peinlich", und der Telegraph sah Saints, die von United "zerrissen" wurden.

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Abgang: ManUnited-Manager Ole Gunnar Solskjaer (links) mit erhobenem Haupt, Hasenhüttl mit gesenktem.
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Hasenhüttl reagierte auf die neuerlichen Fragen mitunter dünnhäutig. "Sie haben jetzt Ihre Story, und wir tragen die Schuld", sagte er bei BT Sport. Einerseits natürlich, weil er all das 466 Tage zuvor schon einmal durchgemacht hatte. Und weil Southampton sich in dieser Saison in gänzlich anderer Lage vorfindet. "Ich kann das Ergebnis anders hinnehmen, weil ich weiß, dass das Team gut arbeitet", sagte Hasenhüttl. "Wir spielen eine gute Saison bislang und haben fantastische Spiele gemacht."

Neun Verletzte, keine Alternativen

Vor einem Monat zum Beispiel beim überraschenden 1:0-Sieg gegen Jürgen Klopps FC Liverpool. Seitdem hat sein Team aber alle vier Ligapartien verloren, nachdem es in den ersten Wochen der Saison gar auf Europapokal-Rängen gelegen war. Die Erklärung für die jüngsten Negativ-Serie ist simpel. "Es ist das gleiche Team das vor einem Monat gegen Liverpool gewonnen hat", so Hasenhüttl: "Der einzige Unterschied ist nun, dass wir neun Verletzte und keine Alternativen haben." Nach Dienstagabend hat der Coach noch zwei Optionen weniger.

Die Partie bei United konnte überhaupt nur ihre erschütternde Wendung nehmen, weil Nachwuchsprofi Alexandre Jankewitz Manchesters Scott McTominay in der zweiten Minute ungestüm umtrat und folglich die Rote Karte sah. "Er weiß, dass er einen großen Fehler gemacht hat", sagte Hasenhüttl. Seine Mannschaft brach zusammmen, United zog bis zur Pause auf 0:4 weg und traf nach der Halbzeit munter weiter. Nach dem zweiten Platzverweis für Jan Bednarek (86.) gelangen sogar die Tore sieben, acht und neun. Ein Abend zum Vergessen, und doch auch einer, der länger in Erinnerung bleiben wird. (sid, red, 3.2.2021)