Früher waren Frühlingsgefühle etwas, das Schmetterlinge im Bauch tanzen ließ. Ein Herzklopfen der aufregenden Sorte bescherte. Den Drang erhöhte, sein Äußeres der angebeteten Person auf dem besten Präsentierteller zu servieren. Ein Hang zu Leichtigkeit, schelmenhaftem Flirt und aufreizenden Blicken. Kurzum, die ganze Palette zwischen spielerisch unverbindlicher Annäherung und hingebungsvollem Verschmelzen.

Grund für Schmetterlinge im Bauch und Herzklopfen gibt es dieses Jahr kaum.
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Die Frühlingsgefühle 2021 sind immer noch Schmetterlinge im Bauch, aber leider aus spitzkantigem Stein. Das Herzklopfen eher der Dauerbelastung und der Ungewissheit geschuldet. Und der Präsentierteller war über die dunklen Wochen des Lockdowns in den eigenen vier Wänden in ausgiebiger Beanspruchung und führte zu allerlei erstaunlichen Auswüchsen.

Es knospt und rollt, dass es eine Freude ist. Man sucht die stabile, gut ausgewogene Mitte, dann sieht man auf das Maßband und ist bereit, dieses aus dem Fenster zu pfeffern. Der einzige Piks, auf den man mit heftigem inneren Flattern wartet, ist nicht etwa jener des Cupido, sondern der von Astra Zeneca, Pfizer oder Moderna.

Und wie die ganze Sache mit der wahren Liebe ist auch diese Begegnung immer noch ungewiss. Vielleicht funkt ein Sputnik dazwischen. Ein schwacher Trost ist, wenigstens überschüssige Behaarung zeitgerecht loswerden zu dürfen. Tante Jolesch hatte nämlich nicht immer recht. (Julya Rabinowich, 8.2.2021)