Es war eine Familienfeier der ausufernden Art: Am Sonntag platzte die Polizei in Niederösterreich in ein Fest mit 58 Leuten. Einige versuchten, noch rasch abzuhauen.

Mittlerweile ist Türmen unter Umständen gar nicht mehr nötig. Denn seit der Aufweichung des Lockdowns steht zumindest bis acht Uhr abends Festen in Privatwohnungen nichts entgegen. Die Regierung hat die tagsüber geltenden Ausgangsbeschränkungen allesamt aufgehoben – und damit ähnlich leichtsinnig gehandelt wie die Besucher von "Corona-Partys".

Unter Beobachtung sind die Leute im Großen und Ganzen diszipliniert. Sie bemühen sich, soweit möglich, um Abstand.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Angesichts grassierender Virusmutationen sind die Lockerungen, abgesehen von der unaufschiebbaren Schulöffnung, in ihrer Gesamtheit fragwürdig. Doch den Bedenken lässt sich entgegenhalten, dass die vom Lockdown gestresste Bevölkerung ein Ventil braucht. Sonst droht sich eine – Pardon – Scheiß-drauf-Stimmung breitzumachen, in der allmählich auch die grundlegenden Regeln ignoriert werden.

Wenn schon Lockerung, dann hätte sich diese aber auf öffentliche Sphären beschränken sollen: Tiergärten, Museen, den ausgezehrten Handel. Unter Beobachtung sind die Leute im Großen und Ganzen diszipliniert. Sie tragen FFP2-Masken und bemühen sich, soweit möglich, um Abstand.

Regel-Verweigerer

Im Privatbereich ist das anders. Offenbar liegt es zu einem Gutteil an den Umtrieben abseits der Öffentlichkeit, dass der jüngste Lockdown enttäuschende Wirkung entfaltete. Das lässt sich nicht allein auf notorische Regel-Verweigerer schieben. Wer sich umschaut oder selbst bei der Nase nimmt, wird merken: Am Wohnzimmertisch mit Verwandten, im Auto mit Freunden lassen auch Menschen, die der Verharmloserblase fernstehen, gerne die Vorsicht fahren. Vertrautheit fördert ein trügerisches Gefühl der Sicherheit.

Statt da die Zügel noch mehr schleifen zu lassen, hätte die Regierung private Treffen an eine Testpflicht koppeln können. Das wäre ein Hebel, um auch bisherige Verweigerer zum Nasenabstrich zu motivieren.

Die Privatsphäre solle und könne nicht kontrolliert werden, sagt Minister Rudolf Anschober – ein Argument wie eine Kapitulation. In der Nacht versucht die Regierung ja auch, per Ausgangssperre Treffen zu unterbinden, außerdem geht es um das Signal. "Im privaten Bereich ist tagsüber wieder alles erlaubt", titelte die Kleine Zeitung faktisch korrekt. Es ist zu befürchten, dass viele diese Botschaft genau so verstehen. (Gerald John, 12.2.2021)