Reinbremsen in die Links, die auch noch zumacht. Kurz bevor der Wagen über die Vorderachse zu schieben beginnt, rauf aufs Gaspedal – oder wie immer das Pedal für Puristen jetzt heißen mag. Eine Alternative gibt es nicht. Um auf der Bremse sauber durch die Kurve zu kommen, ist der Speed zu hoch. Aber das gehört seit jeher zum ambitionierten Fahren eines Mustangs: Man darf nicht auf die Stimme hören, die einem sagt, es ginge sich nicht mehr aus. Man muss auf die hören, die sagt, jetzt fängt der Spaß erst an.

Der neue Mustang ist ein SUV-Coupé und er fährt rein elektrisch angetrieben. Und doch ist er ein Mustang.
Foto: Guido Gluschitsch

Und wirklich. Der Mustang fängt ganz kontrollierbar an, mit dem Heck auszubrechen. Lenkung auf und im sanften Drift zieht er eine Linie durch das Eck. Umsetzen vor der nächsten Rechts. Kurz das Gas lupfen, wieder drauf. Der über 4,7 Meter lange und rund zwei Tonnen schwere Riese schiebt das Heck genüsslich auf die andere Seite. Uh, das war ein bisserl zu flott. Kurz mit links sanft reinbremsen, mit rechts am Gas bleiben und...

An und für sich

Kaum ein modernes Auto lässt heute noch das Linksbremsen – also das Bremsen mit dem linken Fuß, während der rechte am Gas bleibt – zu. E-Autos sowieso nicht, aber auch die Konventionellen schließen aus der gleichzeitigen Betätigung von Bremse und Gas, dass hier ein Volltrottel hinter dem Steuer sitzt, der beschützt gehört. Also nimmt man die Antriebskraft weg und bedient allein den Bremsbefehl. Wie das während eines Drifts ausgeht, kann man sich gut vorstellen. Die Kisten dreht sich ein und bleibt im besten Fall quer zur Fahrbahn, mittendrin, stehen. Das ist mir im Mustang aber zu spät eingefallen. Zu sehr fuhr sich der Wagen wie ein ehrliches Auto, aus der Zeit, wo der Wagen, nach dem Abstopeln des ABS-Sensors, noch nicht selbstständig die Polizei gerufen und sich abgestellt hat.

Der Mustang lässt sich kinderleicht und extrem dynamisch fahren. Sparsam gingert sicher auch, haben wir aber nicht probiert.
Foto: Guido Gluschitsch

Und der Mustang Mach-E? Den verwirren solche Befehle nicht, der geht vorne leicht nieder und schickt unvermindert Kraft auf die Hinterachse. Ein Drift, der einen normal aussteigen lassen würde, die Arme in die Höh reißen, bis die Huldigungen der Anwesenden verebben, ist in diesem Wagen ein Kinderspiel, obwohl alles so sauschnell geht.

Für jene, die es an den Heckleuchten noch nicht sehen, dass das ein Mustang ist, gibt es am Heck auch ein Pferterl.
Foto: Guido Gluschitsch

Bevor Sie jetzt die Händ zsammschlagen und sich darüber ärgern, wie sich der immer noch pubertierende glu schon wieder aufführt: Das Ganze passierte auf einer abgesperrten Piste. Ein Fordhändler im Süden von Österreich, der Ford Ornig – wo meine Eltern seinerzeit arbeiteten und ich als Bersch die Mechaniker zur Weißglut brachte, weil ich jede Sekunde der Unaufmerksamkeit meiner Erziehungsberechtigten nutzte, um in der Werkstatt alles genau zu kontrollieren –, haben einen Mustang Mach-E bekommen, um ihn potentiellen Kunden auf einem abgesperrten Gelände zu präsentieren. Davon bekam ich Wind und hab mich einfach coronakonform dazwischengeschummelt.

Während der Testfahrt wurden keine anderen Verkehrsteilnehmer, nicht einmal Pylonen gefährdet.
Foto: Guido Gluschitsch

Den Mustang Mach-E bietet Ford in vier Versionen an. Den Einstieg macht ein Heckantrieb mit einer 75,7 kWh-Batterie, einer WLTP-Reichweite von 440 km und 198 kW, 269 PS Leistung um 48.900 Euro. Mit dem 98,7 kWh-Akku – der reicht für 610 km und wird mit einem 216 kW, 294 PS starken Motor kombiniert – kostet der Heckler 55.600 Euro. Um sechs Hunderter ist der Allrad mit dem kleinen Akku günstiger. Großer Akku, Allrad und 258 kW, 351 PS kosten 64.200 Euro.

Nach hinten fällt die Dachlinie steil ab. Platz gibt es in der hinteren Sitzreihe dennoch auch für Erwachsene.
Foto: Guido Gluschitsch

Vor Ort war der kleine Allradler. Auf Winterreifen, und die waren schon ein wenig maltretiert, ja, weil da wohl schon wer wissen wollte, ob sich der Mach-E den Mustang im Namen verdient hat. Dabei waren die ersten Meter gar nicht so vielversprechend. Klar, der Mustang beschleunigt, wie man sich das von einem E-Auto dieser Klasse erwartet, aber im ausgesteckten Slalom beginnt er doch recht früh mit der Traktionskontrolle zu regeln. Dem für Ford typischen Fahrwerk ist es zuzuschreiben, dass man sogar spürt, an welchem Rad das ESP einsetzt. Dabei ist im Testwagen das Normalfahrwerk verbaut – die ganz scharfe Ware gibt es für ein paar Dollar mehr.

So schaut die hintere Sitzreihe aus. Je sportlicher man fährt und sitzt, desto mehr Platz ist hinten. Eh wie immer.
Foto: Guido Gluschitsch

Deppensicher ist das Grundsetting. Angenehm direkt lässt sich der Elektro-Mustang fahren, ohne dabei je gefährlich zu werden. Kannst einen Affen reinsetzen, tät der Röhrl sagen, wenn er mit seiner Schimpftirade auf E-Autos erst einmal fertig ist. In der sportlichsten Einstellung der Fahrmodi passiert dann was Feines: Zum einen hat man einen sehr dezenten aber extrem lässigen V8-Sound im Auto. Aber wichtiger: Der Mustang schickt mehr Kraft auf die Hinterachse, wodurch der Wagen gleich dynamischer zu fahren ist – er regelt aber noch brav runter, wenn man sich deppert spielt. Findet man dann aber in dem vermutlich von Tesla abgeschauten Tablett, in der Mittelkonsole, den Wischknopf für die Traktionskontrolle, kann der Spaß anheben.

Teslaesk ist das Tablett in der Mitte. Obwohl, es hat zumindest einen Drehknopf wie auch das Getriebe.
Foto: Guido Gluschitsch

Das ist aus noch einem Grund sehr erstaunlich. Denn bei den meisten E-Autos setzt das Drehmoment so schlagartig ein, dass es einem kaum möglich ist, das Fahrzeug kontrolliert im Grenzbereich zu halten – und nach wenigen Versuchen geht dann sowieso nix mehr, weil das System überhitzt und darauf hin abdreht oder Leistung stark zurücknimmt.

Die Kabel haben wir aus Bequemlichkeit und vermutlich auch aus Unwissen, einfach in den Trunk (Kofferraum) geschmissen...
Foto: Guido Gluschitsch

Dem Mustang hat die Heizerei nichts ausgemacht und er war immer supersimpel zu kontrollieren. Muss ich aber auch sagen: Übertrieben habe ich es nicht, und es ist gut möglich, dass die Traktionskontrolle, auch wenn sie abgedreht ist, schon noch, dann aber sehr sanft, drauf schaut, dass alles gut rennt. Das heißt, Anschlagdrifts waren da keine dabei, sonder eher flotte Slides mit einmal mehr und einmal weniger Driftwinkel.

... dabei wäre im Frunk (Stauraum in der Front) der geeignete Platz für die Stromschläuche.
Foto: Guido Gluschitsch

Jetzt wird die Hauptaufgabe des Mustang Mach-E aber nicht das ambitionierte oder gar das daquere Fahren sein. Darum habe ich aus reiner Selbstlosigkeit auch einen zweiten Blick riskiert. Hinten kann man gut sitzen, auch wenn die Dachkante abfällt. Stauraum gibt es im Heck und in der Front. Vorne ist sogar ein Platzerl für das Ladekabel angedacht, damit es nicht herumfliegt. Das nimmt zwar von den 100 Litern, die vorne reinpassen, fast 20 Liter weg, aber im Heck findet man ja noch einmal mehr als 400 Liter unterhalb der Gepäckraumabdeckung. Legt man die Sitze um, lädt den Wagen voll, sind es 1420 Liter, wenn man statt des Ersatzrades mit einem Reifenreparaturset sein Auslangen findet.

Türgriffe sucht man bei diesem Mustang vergeblich. Aber die minimalistische und elektronische Lösung funktioniert gut.
Foto: Guido Gluschitsch

Ach – und weil die Frage sonst sicher kommt – ja, diesen Mustang gibt es mit Anhängevorrichtung, mit der man Hänger bis zu 750 Kilogramm ziehen kann. So, jetzt ist es aber genug, sonst erzähl ich hier auch noch von den Scheiben, die kein Infrarotlicht durchlassen, damit sich die Klimaanlage im Sommer nicht so quälen muss. Dabei freu ich mich jetzt schon auf die ersten Kilometer im Heckler-Mustang Mach-E. Dann schauma einmal genau, wie sich der im Grenzbereich fährt. Dann haben wir nämlich mehr Zeit für den Test – und ein größeres Gelände zum Probieren. Und gescheitere Fotos gibt es dann auch. Demnächst, auf diesem Sender. (Guido Gluschitsch, 1.3.2021)

Foto: Guido Gluschitsch