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Über die Webcam haben Lehrende Einblick in die Privatsphäre der Studierenden. Das ist problematisch, aber nicht verboten, sagt Jurist Ingo Riß.
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Frage: Wie dürfen Prüfungsmodalitäten geändert werden?

Antwort: Unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit können Prüfungsmodalitäten – wie aktuell wegen der Pandemie – abgeändert werden. Das betrifft den Prüfungsstoff, die Art der Klausur – ob sie online oder vor Ort, als Multiple Choice oder Essay stattfindet–, die Sprache, erlaubte Hilfsmittel sowie die Mindestanforderungen, um eine positive Note zu erhalten. Die jeweiligen Änderungen müssen im Lehrveranstaltungs- und Prüfungsverzeichnis veröffentlicht werden. Mit der Anmeldung zur Prüfung nimmt man die neuen Modalitäten zur Kenntnis. Höhere Anforderungen, etwa durch kürzere Antwortzeiten, müssten in der Beurteilung berücksichtigt werden, sagt Ingo Riß. Der Anwalt berät auch für die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) Studierende in Rechtsfragen.

Frage: Sind Vorgaben für den Arbeitsplatz erlaubt?

Antwort: Ja, die Unis und Lehrenden können grundsätzlich Vorgaben für Online-Prüfungen festlegen, sagt Riß. Auch bei Prüfungen vor Ort wird bestimmt, was am Tisch erlaubt ist. Die Vorgaben müssen den Studierenden aber vorab bekanntgegeben werden.

Frage: Muss die Uni Alternativen anbieten, wenn man die technische Ausstattung nicht hat?

Antwort: Die Uni ist rechtlich nicht verpflichtet, den Studierenden Geräte zur Verfügung zu stellen, sagt Riß. Eine Anlaufstelle für jene, die die erforderliche Ausrüstung nicht haben und daher vom Studium ausgeschlossen wären, könnte die ÖH auf lokaler Ebene sein.

Frage: Gibt es eine rechtliche Grundlage für Kontrollen bei Online-Prüfungen?

Antwort: Nein. Die Identitätsüberprüfung ist jedoch in der Prüfungsordnung festgelegt. Findet diese nicht statt, wäre das ein Missbrauch der Amtsgewalt der Prüfenden, sagt Alois Birklbauer, Jus-Professor an der Uni Linz. Denn Lehrende sind als Prüferinnen und Prüfer Beamte, die einen korrekten Prüfungsmodus sicherstellen müssen. Das gilt auch für "die Toleranz von Missständen", zum Beispiel beim Schummeln, was eine unsachliche Prüfungsbeurteilung durch die Lehrenden darstellt.

Frage: Welche personenbezogenen Daten dürfen die Unis für Online-Prüfungen erfassen?

Antwort: Grundsätzlich dürfen dieselben Daten wie bisher erfasst werden, sagt Riß. Darunter fallen etwa Name, Matrikelnummer, Prüfungsleistung und -beurteilung. Neu hinzugekommen sind bei manchen Klausurendie IP-Adresse sowie Bild- und Tonaufzeichnungen zur Identifizierung der Studierenden.

Frage: Darf die Einwilligung zum Filmen eine Voraussetzung sein, um an der Prüfung teilzunehmen?

Antwort: Das sei in der konkreten Auslegung eine schwierige Frage, sagt Riß. Denn auch bei Präsenzprüfungen gibt es Richtlinien, die Studierende einhalten müssen, um eine gültige Klausur ablegen zu können. Online komme es jedoch aktuell zu einer Überschneidung von Persönlichkeits- und Privatsphären. Jus-Professor Birklbauer spricht von "einem schwierigen Kompromiss, den Studierende eingehen müssten, um nicht am Studienfortschritt gehindert zu werden".

Frage: Ist ein Kameraschwenk durch das Studierendenzimmer zulässig?

Antwort: Das Justizministerium beurteilt diese Kontrolle in einer Stellungnahme zur Novelle des Universitätengesetzes (UG) als nicht verhältnismäßig. Schließlich könnten Lehrende damit auch Einblick in die privaten Lebensumstände der Studierenden erhalten. Unzulässig sei es aber deshalb nicht, sagt Riß. Denn ein Fall einer Beurteilung durch ein Gericht sei ihm bisher nicht bekannt. "Studierenden kann möglicherweise zugemutet werden, den Prüfungsort so zu wählen oder gestalten, dass eine Privatsphärenverletzung vermieden wird", begründet Riß. Bilder und Regale könnten abgehängt oder verdeckt werden.

Frage: Wie steht es um den Datenschutz bei Videoaufzeichnungen?

Antwort: Der Maßstab für Datenschutzkonformität richtet sich danach, ob der Eingriff gerechtfertigt ist, sagt Riß. Beim Datenschutz ist es auch wichtig, wie lange die Daten gespeichert werden. Das Gesetz sieht maximal 72 Stunden vor, dann müssen die Daten vernichtet werden. Auch die Anzahl der Personen, die Zugriff auf die Daten erhalten, spielt laut dem Juristen eine Rolle. Die Unis müssen die Daten in jedem Fall vor Missbrauch schützen und die Vernichtungsverpflichtungen einhalten.

Frage: Und was passiert, wenn das Internet bei der Prüfung ausfällt?

Antwort: Die Covid-Hochschulverordnung sieht wie auch die UG-Novelle ab dem Wintersemester aktuell vor, dass Prüfungen, die wegen technischer Probleme abgebrochen werden, nicht als Antritt gewertet werden. Nachweise, zum Beispiel ein Screenshot mit Datum und Uhrzeit, müssten in diesem Fall aber die Studierenden erbringen, sagt Riß. (Anika Dang, 5.3.2021)