Eine Woche Kündigungsfrist gibt es für Gebäudereiniger.

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Sie kochen Schnitzel, verlegen Fließen, reinigen Toiletten oder hacken Bäume um. Es gibt von ihnen fast 1,3 Millionen in Österreich, und dennoch spielen sie in politischen Debatten nur eine untergeordnete Rolle. Die Rede ist von Arbeiterinnen und Arbeitern.

Historisch bedingt gab es für Arbeiter und Angestellte lange Zeit unterschiedliche Regeln, das ist aber längst anders. In den meisten Bereichen fand eine Angleichung statt. Ob jemand sozialversicherungsrechtlich in die eine oder andere Gruppe gehört, sagt heute nicht mehr zwingend etwas über Qualifikationen oder Bezahlung aus. Eine Differenz gibt es aber noch: Kündigungsfristen. Diese sind für Arbeiter deutlich kürzer, und das hat die Gruppe auch in der Pandemie zu spüren bekommen.

Für den 1. Juli 2021 ist eine weitgehende Angleichung der Fristen vorgesehen, doch hinter den Kulissen tobt zwischen den Sozialpartnern ein Tauziehen darüber, ob diese Gleichstellung noch einmal verschoben werden soll und für wen genau sie gelten wird. Zwischen Wirtschaftskammer und Gewerkschaften ist der Ton rau geworden. An sich ist das nicht ungewöhnlich, geht es doch für beide Seiten um viel, aber es ist doch ein Bruch mit der zur schau gestellten zur Einigkeit der vergangenen Monate.

Gerungen wird um zwei Punkte. Die neue Regelung schreibt vor, dass durch die Angleichung der Kündigungsfristen automatisch alle anders lautenden Kollektivverträge ab Juli in diesem Punkt außer Kraft treten. Aber: Im Gesetz wird festgehalten, dass in jenen Branchen, in denen mehrheitlich Saisonbetriebe tätig sind, abweichende Regeln getroffen werden können. Hier würden also die Kollektivverträge unberührt bleiben.

Kollektivverträge verdrängt

Das Problem ist, dass nirgends festgelegt ist, welche Branchen nun Saisonbranchen sind. Diese Frage wollten Gewerkschaften und Wirtschaftskammer klären, sind damit aber vorerst gescheitert. Der Streit drehte sich dabei vor allem um die Arbeitskräfteüberlassung.

Hier argumentieren die Arbeitgeber, dass auch dieses Gewerbe saisonal ist, weil in Ferienzeiten mehr Menschen an Unternehmen verliehen werden. Die Gewerkschaft lehnt diese Sicht ab. Streit gibt es aber auch über den Tourismus: Während sich bei Hotels wohl gut argumentieren lässt, dass die saisonale Komponente überwiegt, ist es in der Gastwirtschaft schon anders, und diese fällt auch unter den Tourismus-Kollektivvertrag. Einigen sich die Sozialpartner nicht, müssten Gerichte klären, welche Fristen ab Juli gelten, wenn ein Kellner oder eine Friseurin gekündigt wird.

Der zweite Streitpunkt betrifft alle anderen Branchen, wo es ohne Zweifel zu einer Angleichung kommen muss: Hier wollten die Arbeitgeber noch einmal eine Verschiebung erreichen. Ursprünglich hätte die Angleichung der Regeln schon im Jänner 2021 passieren müssen.

Das Argument der Arbeitgeber lautet so: Aktuell durchleben die Unternehmen die tiefste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Ihnen zusätzliche Kosten aufzulasten sei problematisch und könnte negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. "Unternehmer melden uns, dass sie vorsichtiger bei Einstellungen werden, wenn die Kosten für Trennungen steigen", sagt ein Arbeitgebervertreter.

Anna Daimler, Generalsekretärin bei der Dienstleistungsgewerkschaft Vida, nennt das ein "fadenscheiniges Argument". "Kein Mensch kann erklären, warum ein Angestellter bessergestellt sein soll als ein Arbeiter. Der einzige Grund, warum Arbeitgeber gegen längere Kündigungsfristen sind, ist, dass sie das Risiko einer niedrigeren Auslastung ihren Mitarbeitern umhängen wollen", sagt Daimler.

Unbestritten ist, dass die Unterschiede zwischen Angestellten und Arbeitern enorm sind. Für Angestellte beträgt die Kündigungszeit mindestens sechs Wochen, oft noch mehr, zudem kann der Arbeitgeber die Trennung meist nur zur Monatsmitte oder am Monatsende wirksam aussprechen. Bei Arbeitern sind die Regelungen unterschiedlich.

Im Tourismus sind es oft zwei Wochen. Bei Gebäude- und Fassadenreinigern beträgt die Kündigungsfrist eine Woche, im ersten Dienstjahr gibt es gar keine Frist. Bei Friseuren, in der Bewachung und im Taxigewerbe sind es zwei Wochen. Am Bau sind es fünf Tage.

Wer die Jobs verlor

Unbestritten ist auch, dass die Pandemie Arbeiter am härtesten getroffen hat: Das Forschungsinstitut Wifo hat zum Beispiel ausgerechnet, dass bis zum Dezember 2020 rund 120.000 Arbeiter ihre Beschäftigung durch die Pandemie verloren haben. Bei Angestellten gab es dagegen unterm Strich sogar 10.000 Beschäftigte mehr. Angestellte profitierten auch stärker von der Kurzarbeit. Das macht die Verhandlungen aus Sicht der Gewerkschaft heikel, weil sie bisher vor allem den ohnehin bessergestellten Teil der Dienstnehmer geschützt haben und daher unter Druck stehen zu liefern.

Die Verhandlungen der Sozialpartner wurden vorübergehend ausgesetzt. Im Büro von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) heißt es, man warte ab, ob sich die Sozialpartner einigen. In der Koalition wird das Thema schon diskutiert. Der grüne Arbeitssprecher Markus Koza sieht eine neue Verschiebung der Angleichung kritisch, "die kurzen Kündigungsfristen haben dazu beigetragen, dass vor allem Arbeiter in der Krise ihre Jobs verloren haben". (András Szigetvari, 28.3.2021)