Der Plastikmüll im Meer wird zu einer Belastung für die Meeresbewohner und durch die Nahrung auch für Menschen.

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In drei von vier Kosmetikprodukten steckt Mikroplastik. Das zeigt eine Studie, die Greenpeace erst vor wenigen Tagen veröffentlicht hat. Neben Kosmetika wurde Mikroplastik auch bereits im Essen – etwa bei Fischen – nachgewiesen. Auch im menschlichen Verdauungstrakt wurde Mikroplastik schon gefunden. Teile des Meeres sind voll von Plastikmüll. Dass Plastik und Mikroplastik sich schädlich auf die Umwelt auswirken, ist bekannt.

Wer aber herausfinden will, wie viel Mikroplastik wo drinsteckt, hat es nicht leicht. Es braucht Proben, damit eine Messung erfolgen kann, und dann braucht es die qualifizierte Analyse dazu. All das ist ein Prozess, der dauert. Das Start-up Purency setzt genau hier an, um Tempo in die Analyse zu bekommen. "Mithilfe von Machine-Learning automatisieren wir die Analyse", sagt Aurelia Liechtenstein, Mitbegründerin von Purency. Diese Methode soll es für Labore oder Forschungseinrichtungen leichter machen, das als gefährlich geltende Mikroplastik aufzuspüren.

Entstanden ist Purency aus einem Projekt an der TU-Wien. Purency-Mitbegründer Benedikt Hufnagl hat im Rahmen seiner Doktorarbeit an der TU-Wien zu Mikroplastik geforscht und erkannt, wie mühevoll die entsprechende Analyse ist. Werden Partikel gefunden, muss in jedem Fall aufs Neue geklärt werden, wie groß die Partikel sind, ein Chemiker muss diese analysieren. Das erklärt auch die lange Dauer der Analyse. Mithilfe von Modellen und einer Datenbank soll dieser Prozess beschleunigt werden. "Will ein Labor 100 Proben untersuchen, ist die Rechenleistung oft der Flaschenhals", erklärt Hufnagl.

Intensive Forschung

An Mikroplastik wird seit einigen Jahren weltweit intensiv geforscht. Das Aufzeigen der Gefahr für Mensch und Umwelt hat bestimmte Industriezweige verändert. Produkte ohne Mikroplastik sind bereits am Markt. Doch so leicht ist die Rechnung nicht, wie Liechtenstein erklärt. Unterschieden wird zwischen primärem Mikroplastik (bewusst hergestellt, etwa für Peelings oder Zahnbürsten) und sekundärem. Letzteres ist weitaus verbreiteter und wird zur Gefahr, etwa wenn Plastiksackerln in Meer zerfallen oder Verpackungen, die in der Wiese liegen, dort abreiben und das Mikroplastik so seinen Weg in die Umwelt findet.

Was genau aber ab wann als Mikroplastik gilt, ist der zweite Punkt, bei dem Purency ansetzt. Denn es mangelt bisher an einer genauen Definition für den als schädlich ausgemachten Zusatz, ebenso an einem Standardisierten Messverfahren. Je kleiner die Teile sind, als desto potenziell gefährlicher gelten sie, umso schwieriger sind sie aber zu finden. Das ist auch der Grund, warum man Gütesiegeln, die "frei von Mikroplastik" ankündigen, kritisch gegenüberstehen sollte, sagt Liechtenstein.

Ein Problem bei der Erforschung von Mikroplastik ist das Fehlen eines einheitlichen Standards, der die Forschungsergebnisse und Laborwerte auch besser vergleichbar macht. Hufnagl ist in die Erarbeitung eines solchen Standards eingebunden. Dafür hat er bei Austrian Standards, die dafür schon ein Gremium hatten, angedockt.

Seit 2019 hat sich Purency schon aktiv bei der Standardisierung der Datenverarbeitung engagiert. Ergebnisse, die labor- und zeitübergreifend vergleichbar sind, können nämlich auch Grundlage für Rechtsvorschriften sein. Denn "ohne vergleichbare Werte kann keine verlässliche Grundlage geschaffen werden, um Mikroplastik zu bekämpfen", sagt Liechtenstein.

"Standards tragen zur Lösung bei"

Purency gewann im Jänner den Living Standards Award. Das soll die Aufmerksamkeit für den "Mikroplastik-Finder" (so heißt die Softwarelösung) erhöhen. "Standards tragen zur Lösung bei", sagt Elisabeth Stampfl-Blaha, Direktorin bei Austrian Standards. Oft heiße es, Standards engten ein. Dass es ohne sie auch nicht gehe, zeige die komplexe Mikroplastik-Forschung. Denn hierbei spielen viele Industrien eine Rolle: Getränkeabfüller, Plastikhersteller, Textilkonzerne. "Damit alle zusammenarbeiten können, braucht es gemeinsame Leitlinien in Form von Standards", fasst Stampfl-Blaha zusammen. (Bettina Pfluger, 30.3.2021)