Berlin – Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hat drei Vereine verboten, die in Deutschland Geld für eine Stiftung der proiranischen Schiiten-Bewegung Hisbollah im Libanon gesammelt haben sollen. Wie der Sprecher des Ministeriums, Steve Alter, mitteilte, wurde das bereits am 15. April ausgesprochene Verbot der Vereine "Deutsche Libanesische Familie", "Menschen für Menschen" und "Gib Frieden" am Mittwoch mit Durchsuchungen und Beschlagnahmungsmaßnahmen vollzogen.

Betroffen waren Bremen, Hessen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Über möglichen Widerstand wurde zunächst nichts bekannt.

Kein Rückzugsort

"Wer den Terror unterstützt, wird in Deutschland nicht sicher sein", sagte Seehofer, wie sein Sprecher auf Twitter mitteilte. "Egal in welchem Gewand seine Unterstützer in Erscheinung treten, sie werden in unserem Land keinen Rückzugsort finden", fügte der Minister hinzu, der sich aufgrund einer Corona-Infektion aktuell in häuslicher Quarantäne befindet.

Einer der drei verbotenen Vereine agierte unter dem Namen der bekannten Hilfsorganisation Menschen für Menschen. Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe legt Wert auf die Feststellung, mit dem nunmehr verbotenen Verein nichts zu tun zu haben. "Der verbotene Verein nutzt seinen Namen widerrechtlich. Der Name 'Menschen für Menschen' ist für Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe rechtlich geschützt, rechtliche Schritte bleiben vorbehalten", schrieb die Organisation in einer Stellungnahme.

Märtyrerpatenschaft

Die drei verbotenen Vereine sollen Spendengelder gesammelt und Patenschaften für "Märtyrerfamilien" der Hisbollah vermittelt haben. Ziel der Vereine sei es gewesen, den Kampf der Hisbollah gegen Israel zu fördern, was gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoße, hieß es aus dem Ministerium. Denn die Gewissheit, dass die Hinterbliebenen im Falle ihres Todes finanziell unterstützt würden, erhöhe die Bereitschaft junger Hisbollah-Anhänger, sich am Kampf gegen Israel zu beteiligen.

Horst Seehofer ist derzeit wegen Corona in Quarantäne.
Foto: APA/dpa/Nietfeld

Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden waren die drei Vereine als Ersatz für den Verein "Waisenkinderprojekt Libanon" gegründet worden. Den hatte der damalige deutsche Innenminister Thomas de Maizière 2014 verboten. Die neuen Vereine seien damals "in einem engen zeitlichen Zusammenhang" zum Verbot des ursprünglichen Vereins gegründet worden, hieß es zur Begründung. Außerdem seien die gleichen Personen als maßgebliche Akteure festgestellt worden.

Mehr als tausend Personen

Die Hisbollah ist im Libanon eine Partei mit einem eigenen TV-Sender, karitativen Projekten und einer eigenen hochgerüsteten Miliz. Sie wird vom Iran finanziell und mit der Lieferung von Waffen unterstützt. Deutschland ist für die Bewegung, deren Miliz im Syrien-Konflikt auf der Seite der Truppen von Präsident Bashar al-Assad gekämpft hat, nach Einschätzung des Verfassungsschutzes kein Aktionsraum, sondern ein Rückzugsort. Die Sicherheitsbehörden rechnen deshalb nicht mit gewaltsamen Reaktionen auf die nun verfügten Verbote.

Im letzten veröffentlichten Bericht des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde das Personenpotenzial der Hisbollah in Deutschland auf rund 1.050 Personen geschätzt. Seehofer hatte die Hisbollah im März 2020 mit einem Betätigungsverbot belegt.

In Österreich hatte der Ministerrat jüngst beschlossen, dass nunmehr die gesamte Gruppierung Hisbollah und nicht nur wie bisher der militärische Teil vom Symbole-Verwendungsverbot umfasst sein soll. Die EU hat den militärischen Teil auf die Terrorliste gesetzt. Deutschland verhängte 2020 ein Betätigungsverbot für die Hisbollah im Land. (APA, 19.5.2021)