Für Apotheken sind Corona-Tests ein lukratives Geschäft. Sie werden dafür vom Staat großzügig gefördert.

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Gleiches muss gleich, Ungleiches ungleich behandelt werden. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz ist für den Staat verpflichtend. Auch dann, wenn er privatwirtschaftlich handelt – also etwa Krankenkassen die Kosten von privaten Corona-Tests übernehmen.

Dort sieht der Verfassungsjurist Heinz Mayer in der aktuellen Rechtspraxis ein Problem: Apotheken bekommen für jeden durchgeführten Antigentest von der Sozialversicherung einen Kostenersatz in der Höhe von 25 Euro. Private Testanbieter dagegen nichts. Sie müssen ihren Kunden die Tests verrechnen.

Die "Testplattform Österreich", ein Zusammenschluss privater Testanbieter, gab deshalb ein Rechtsgutachten in Auftrag. Darin erläutert Mayer, dass die aktuelle Praxis, wonach nur die Apotheken einen Kostenersatz bekommen, dem Gleichheitssatz widerspreche. Sie sei "ohne Zweifel verfassungswidrig".

Anspruch gegen den Bund

Der zugrunde liegende Paragraf 742a im Sozialversicherungsgesetz sollte mit seiner Einführung zu Beginn des Jahres ein zusätzliches Angebot von kostenlosen Tests ermöglichen. Die Bestimmung spricht von "öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken", die für die Dauer der Pandemie berechtigt sind, Covid-19-Tests durchzuführen.

Für die Tests hat die Krankenversicherung ein pauschales Honorar in Höhe von 25 Euro zu bezahlen. Diese Kosten werden der Krankenversicherung wiederum von Bund ersetzt. Laut Gesetz sind "Zuzahlungen" der zu testenden Personen unzulässig. Das Testangebot soll also gratis sein.

Die Rechtsmeinung des Gesundheitsministeriums ist, dass entsprechend dem Wortlaut der Bestimmung nur Apotheken einen Kostenersatz bekommen. Private Testanbieter können dagegen nur kostenpflichtige Tests anbieten. Damit widerspreche das Gesetz laut Mayer aber dem Gleichheitssatz und sei verfassungswidrig.

Wenn der Gesetzgeber vorsehe, dass öffentliche Apotheken einen Anspruch auf Kostenersatz haben, müsse ein solcher Anspruch auch privaten Testanbietern eingeräumt werden, sagt der Verfassungsjurist im STANDARD-Gespräch. Man müsse die Bestimmung verfassungskonform interpretieren.

Private Dienstleister hätten daher auch nach der aktuellen Rechtslage einen direkten Leistungsanspruch gegenüber dem Bund, den sie zivilrechtlich einklagen könnten. Sollte eine verfassungskonforme Auslegung des Paragrafen auf Sicht eines angerufenen Gerichts nicht möglich sein, müsste es beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Bestimmung beantragen.

Teil des öffentlichen Gesundheitswesens

Das Ministerium sieht in einer Stellungnahme gegenüber der "Testplattform Österreich" keine Benachteiligung privater Testanbieter. Öffentliche Apotheken und Hausapotheken seien ein "wesentlicher, solider und flächendeckend vorhandener Teil des öffentlichen Gesundheitswesens".

Private Dienstleister seien hingegen nur zum Zweck der Testungen gegründet worden und würden daher nicht über dieselbe Bedeutung verfügen. Sie hätten bei der Gründung ihres Geschäfts davon ausgehen müssen, dass es sich um vorübergehende Unternehmungen handelt, die nicht auf Dauer ausgerichtet sind.

Tatsächlich ist es so, dass Apotheken einen besonderen Schutz genießen – nur sie dürfen etwa rezeptfreie Medikamente verkaufen. Dieser sogenannte Apothekenvorbehalt wurde erst kürzlich vom Verfassungsgerichtshof bestätigt.

Allerdings ist die Situation bei Corona-Tests eine andere: Testungen durch private Anbieter wurden im Jahr 2020 mit einer Gesetzesänderung explizit erlaubt. Ziel war es, zusätzliche Untersuchungen durch geeignete Labors zu ermöglichen, um den erhöhten Bedarf zu decken.

Das macht laut Mayer deutlich, dass es dem "Bundesgesetzgeber von erheblicher Bedeutung schien, die Testkapazitäten auszuweiten". Auch deshalb gebe es keine sachlichen Gründe dafür, die privaten Testanbieter, die im Jahr 2020 ermutigt wurden, Testkapazitäten zu schaffen, zu benachteiligen.

Einheitstarif gefordert

Fragen der Gleichbehandlung stellen sich auch bei betrieblichen Testungen. Betriebe bekommen zehn Euro pro Test vom Wirtschaftsministerium. Apotheken werden mit 25 Euro vom Gesundheitsministerium gefördert.

Ein lukratives Geschäft: Die Kosten dürften sich im Bereich zwischen zwei und sieben Euro pro Test bewegen. Apotheken dürfen in ihrem Einzugsbereich außerdem weitere Teststationen aufbauen.

Ein Antrag der Neos, der eine einheitliche Vergütung für durchgeführte Tests forderte, wurde im März von den Regierungsparteien abgelehnt. (Jakob Pflügl, 14.6.2021)