So schnell sich manche Tür zu einer Moschee schließt, so schnell öffnet sie sich auch wieder. Die Strategie dahinter wirkt nicht besonders ausgegoren.

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Kurz nach dem Wiener Terroranschlag traten Kultusministerin Susanne Raab und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) vor die Presse. Die Botschaft: Bei Moscheen, in denen sich der Attentäter laut Informationen der Sicherheitsbehörden radikalisiert haben soll, wolle man hart durchgreifen. Die Schließung von zwei Gebetshäusern wurde angekündigt.

Es war nicht das erste Mal, dass Moscheeschließungen mit großer Inbrunst verkündet wurden: Als vor etwa drei Jahren Fotos von kriegsspielenden Kindern in einer Brigittenauer Atib-Moschee auftauchten, kündigte die damals noch türkis-blaue Regierung einen Schlag gegen den sogenannten "politischen Islam" an: Sieben Moscheen, darunter auch eine den rechtsextremen Grauen Wölfen nahestehende, sollten geschlossen werden.

Heute haben alle Moscheen bis auf eine wieder geöffnet. Im Fall der nach dem Anschlag geschlossenen Moscheen sperrte eine nach einer erfolgreichen Beschwerde rasch wieder auf. Bei der anderen ist eine solche noch anhängig. Steht hinter der großen Ankündigungen immer nur eine PR-Aktion?

Der schwierige Nachweis

Grundsätzlich gilt es zwischen zwei Ebenen zu unterschieden: jener der Vereine und jener der Moscheen. Erstere sind oft als Kulturvereine eingetragen und vermieten die entsprechenden Räume an die Moscheebetreiber. Für Erstere ist die Vereinspolizei zuständig, für Letztere das Kultusamt beziehungsweise die Glaubensgemeinschaft. Doch so einfach ist das nicht: Für die Auflösung eines Vereins müssen gute Gründe vorliegen. Und das Recht auf Religionsfreiheit schützt auch religiöse Einrichtungen – solange dort gegen keine Gesetze verstoßen wird. Die Behörden scheitern in nahezu allen Fällen.

Etwa im Fall der Moschee, in der Kinder Kriegsszenen nachstellten: Die Vereinsauflösung gelang nicht. Kindeswohlprüfungen wurden angekündigt, fanden aber nie statt. Nachdem die Moschee, die Imam und Vorstand ausgetauscht hatte, weiterhin geöffnet war, scheiterte auch das Kultusamt.

Auch im Fall der Moscheen, die nach dem Terroranschlag ins Visier der Behörden gerieten, war es zumindest in einem Fall ein Schlag ins Wasser. Der Verein hinter der Moschee in Ottakring, einer typischen "Hinterhofmoschee", die nicht zur IGGÖ gehört, wurde nach entsprechender Prüfung schlussendlich im März aufgelöst. Dagegen wurde jedoch Beschwerde erhoben, die nun dem Landesverwaltungsgericht übermittelt wurde. Nicht nur der verurteilte Terrorist Lorenz K., auch der mutmaßlich in Syrien getötete Wiener Terrorist Mohamed M. soll dort verkehrt haben. Der Fokus auf bestimmte Moscheen wirkt zum Teil willkürlich gewählt: In Ermittlungsakten tauchen immer wieder auch andere Gebetshäuser auf, bei denen es keinerlei Prüfverfahren gibt.

"Die Schließung verhindert ja nicht, dass gewisse Dinge woanders weitergeführt werden."
Religionsrechtler Andreas Kowatsch

Im Fall einer der beiden nach dem Terroranschlag geschlossenen Moscheen, sie befindet sich im Wiener Bezirk Meidling, hoben die IGGÖ und die Vereinspolizei die Auflösung wieder auf. Ein Verstoß des Vereins gegen Strafgesetze muss diesem "eindeutig zugerechnet werden können", heißt es von der LPD. Das falle in der Praxis oft schwer. Und noch eines ist auffällig: Bei fast allen Auflösungsversuchen wurde auf Formalfehler der Gebetshäuser abgezielt. Das ist zum Beispiel auch der Grund, weshalb die den Grauen Wölfen nahestehende Moschee nur kurz schließen musste, bevor sie unter neuem Namen wieder aufsperrte. Das Ressort der zuständigen Ministerin Raab beantwortete Fragen zu den betreffenden Moscheen nicht.

"Wir beobachten generell eine gewisse Problematik, dass Vereine als Umgehungskonstruktionen genutzt werden, um Räume anmieten zu können", heißt es aus dem Innenministerium. Wenn ein Vereinsauflösungsbescheid aufgehoben werde, entstehe oft fälschlicherweise der Eindruck, dass auf religiöser Ebene alles in Ordnung sei.

Neue Novelle bringt "unverzügliche" Schließung

Von der Überarbeitung von Gesetzen erhofft sich die Regierung bessere Handhabe. So soll zum einen das Vereinsgesetz überarbeitet werden. Es müsse eine "Trennung von Vereinsleben und Religionsgemeinschaft" geben, sagte Nehammer. Sobald ein Verein als Zweck auch die Ausübung eines Kultus beinhaltet, soll die Statuten künftig auch das Kultusamt prüfen. Der österreichische Rechtsanwaltskammertag sieht in der geplanten Änderung eine "Einladung zu einer grundrechtswidrigen Interpretation". Es geht darum, dass es nicht dazu kommen solle, eine Vereinsgründung automatisch untersagen zu können, sobald ein religiöser Zweck angeführt ist. Dies befand der Verfassungsgerichtshof allerdings schon einmal als rechtmäßig.

Die Novelle des Islamgesetzes liegt ebenfalls vor: Künftig soll das Kultusamt leichter Moscheen schließen können – wenn es etwa zum Schutz der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. Dies soll nun ohne Fristen "unverzüglich" und ohne vorherige Aufforderung zur Abstellung eines vermuteten Missstandes möglich sein. Eine neue Bestimmung soll es dem Kultusamt ermöglichen, die Rechtspersönlichkeit auch von Moscheegemeinden und damit der kleinsten Organisationseinheiten der IGGÖ, die nur nach innerreligiösem Recht konstituiert werden, unmittelbar aufzuheben.

Eine "scharfe Waffe"

Das Vorhaben erntet Kritik. Rechtsanwalt Georg Rihs, der den Trägerverein der Meidlinger Moschee vertrat, hält die Pläne für einen Eingriff in innerreligiöse Angelegenheiten. Er befürchtet auch eine gleichheitswidrige Schlechterstellung der islamischen Konfession gegenüber anderen Religionen.

Auch Religionsrechtler Andreas Kowatsch hält das Gesetz für eine "scharfe Waffe". Dass man Moscheen nicht einmal mehr die Möglichkeit einräumen will, ein Problem abzustellen, sieht Kowatsch als eine "sehr weitgehende Ermächtigung". Der Experte sieht auch ein weiteres Problem: Man nehme sich die Möglichkeit, innerhalb der Struktur zu ermitteln. "Die Schließung einer Moschee verhindert ja nicht, dass gewisse Dinge woanders weitergeführt werden."

Aus diesem Grund will auch die Islamische Glaubensgemeinschaft von Auflösungen absehen. Über diese kann sie völlig autonom entscheiden. In der Religionsgemeinschaft glaubt man, dass problematisches Gedankengut oft an Einzelpersonen wie dem Imam hänge. Es sei klüger, diesen auszutauschen, als eine gesamte Moscheegemeinde zu schließen. Im Fall des Meidlinger Gebetshauses, das nach dem Attentat von Wien geschlossen wurde, tat man nach der Wiedereröffnung genau dies. Allerdings erst, als zuletzt antisemitische Predigten des langjährigen Imams auftauchten, die schon länger zurückliegen. Dem Imam werden seit vielen Jahren Verbindungen in die islamistische Szene nachgesagt, wie der Falter etwa 2014 berichtete.

Scheitern kann man

Fest steht, dass die rasche Schließung einzelner Moscheen künftig per Gesetz unkomplizierter vonstattengehen könnte – und die eigenmächtige Schließung an sich in vielen Fällen nicht mehr rechtswidrig sein wird. Ob das Problem damit wirklich gelöst ist, steht aber auf einem anderen Blatt. Denn schnell bedeutet nicht unbedingt nachhaltig.

Sieht man sich zum Beispiel erneut die Meidlinger Moschee an: Dort drängte Raab die IGGÖ zur Schließung, weil der Attentäter das Gebetshaus besucht hatte und daher Gefahr im Verzug anzunehmen gewesen sei. Dieses Argument erwies sich etwa bei der Prüfung durch die Vereinspolizei als nicht ausreichend begründet.

Und am Ende müsse auch das "unverzügliche Handeln", das nun möglich werden soll, von der Behörde ausreichend begründet sein, sagt Kowatsch. Es muss gelingen, so wie es eben die LPD formuliert, Gesetzesverstöße einem Verein zuzuordnen. Dafür braucht es vor allem Beweise, weniger die große verbale Geste. Denn die Begründung der Auflösung kann von den Betroffenen angefochten werden. Und wie man daran scheitern kann, das weiß die hiesige Politik nur zu gut. (Jan Michael Marchart, Vanessa Gaigg, 28.6.2021)