Nach 26 Jahren muss die Hongkonger Zeitung "Apple Daily" schließen. Die letzte Ausgabe war sehr begehrt.

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Dass es nicht leicht wird, hat Jimmy Lai bereits vor 26 Jahren gewusst. "Egal wie stark der Druck wird, solange Leser unseren Journalismus und unsere Haltung unterstützen, werden wir standhalten", sagte der britisch-chinesische Medienunternehmer bei der Gründung des Hongkonger Boulevardblatts Apple Daily im Jahr 1995 – zwei Jahre vor der Rückgabe der britischen Kronkolonie an China.

Die Leser hätten den Journalismus von Apple Daily zwar nach wie vor unterstützt, der autoritären Führung in Peking war er aber schon lange ein Dorn im Auge, weil er sich auf die Seite der Demokratiebewegung in Hongkong schlug.

Das wurde zum Todesurteil für das Medium. Drangsaliert mit Verweis auf das Nationale Sicherheitsgesetz, wird Apple Daily Landesverrat vorgeworfen. Eingefrorene Bankkonten, eine Razzia und inhaftierte Redaktionsmitglieder ließen dem Mutterkonzern Next Digital letztlich keine Wahl als die Einstellung.

Redaktionsmitglieder auf Titelseite

Und so ist Apple Daily in Hongkong nach 26 Jahren Geschichte. Auf der Titelseite der letzten Ausgabe am Donnerstag ist ein Foto der Redaktionsmitglieder zu sehen, die sich von einer Menschenmenge vor dem Redaktionsgebäude verabschieden. "Apple Daily ist tot", erklärte der stellvertretende Chefredakteur Chan Pui Man in einem Abschiedsbrief. Die Pressefreiheit sei zum Opfer der Tyrannei geworden.

Mit Verbrechen kennt sich Apple Daily gut aus. Das Medium wurde als Boulevardblatt gegründet, da gehören Themen wie Kriminalität und zu Skandalen aufgeblasener Promiklatsch zur journalistischen DNA. Zwischendurch – und das wurde im Laufe der Jahre immer wichtiger – hagelte es aber massive Kritik an Peking.

Freiheit und Demokratie

Jimmy Lai, der in der Textilbranche reich geworden ist, hat Apple Daily als Sprachrohr für Freiheit und Demokratie positioniert. Das hat er mit Freiheitsentzug gebüßt. Der 73-Jährige wurde im August 2020 festgenommen und erst im Mai 2021 zu 14 Monaten Haft verurteilt – offiziell wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Protestkundgebung, inoffiziell wegen Renitenz.

Zuletzt erschien Apple Daily in Hongkong mit einer Auflage von 80.000 Stück. 1000 Angestellte, darunter 700 Journalistinnen und Journalisten, verlieren ihren Job. Auch der Webauftritt und jene auf Twitter und Facebook wurden geschlossen. Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber noch: In Taiwan wird Apple Daily weiter erscheinen. Nur online, aber immerhin. (Oliver Mark, 24.6.2021)