Gnadenlos reitet die ÖVP auf der Empörungswelle nach dem Mord an einem 13-jährigem Mädchen. Kanzler Sebastian Kurz ist jeden Tag aufs Neue öffentlich erzürnt – und mit ihm etliche andere. Die Kaltschnäuzigkeit, mit der dieser grauenhafte Fall für die politische Profilierung ausgenutzt wird, ist unappetitlich. Nach Tschetschenen und Teigtascherl-Chinesen sind jetzt junge Afghanen das neue Feindbild – und da wird gleich ganz massiv eine Islamkritik mit hineinverpackt. Als ob bereits Wahlkampf wäre.

Für Migration, Integration und Asylpolitik ist seit Jahrzehnten auf Bundesebene die ÖVP zuständig.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Der Mord an der 13-Jährigen und die Umstände der Tat machen fassungslos. Jeden. Wenn man schon unbedingt politisches Kleingeld damit wechseln muss, kann man auch die Frage nach der politischen Verantwortung stellen. An wen richten sich denn die empörten Vorhaltungen und Appelle der ÖVP? Für Migration, Integration und Asylpolitik ist seit Jahrzehnten auf Bundesebene die ÖVP zuständig, mit einem kurzen Intermezzo von FPÖ-Hardliner Herbert Kickl als Innenminister, den wir aber auch Kurz zu verdanken hatten.

Wenn da etwas schiefgelaufen ist, und in diesem Bereich läuft immer etwas schief, kann sich die ÖVP nicht abputzen. Die Abwicklung der Asylverfahren, die schleppenden Abschiebungen, die schwierige Integration – dafür ist politisch die ÖVP zuständig und verantwortlich. Wenn schon politische Watschen verteilt werden, dann muss auch die ÖVP ihre Wange hinhalten. Erst die eine, dann die andere. (Michael Völker, 1.7.2021)