Ex-Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen will bei der Bundestagswahl am 26. September den Wahlkreis 196 in Südthüringen direkt gewinnen. In der Union sind jedoch nicht alle restlos von ihm begeistert.

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Man gibt einem kleinen Privatsender ein Interview, und flugs schafft es die Botschaft bundesweit in die Schlagzeilen. Eine solche Aufmerksamkeit wünscht sich wohl jede/r wahlkämpfende Direktkandidat/in in den 299 Wahlkreisen Deutschlands.

Zuteil wird dies nur den wenigsten. Bei Hans-Georg Maaßen, dem ehemaligen Chef des deutschen Verfassungsschutzes, funktioniert es gerade ganz gut.

Maaßen war von 2012 bis 2018 Chef des deutschen Verfassungsschutzes. Nach den Ausschreitungen im sächsischen Chemnitz sah er, im Gegensatz zu Kanzlerin Angela Merkel und vielen anderen, keine Hetzjagden von Rechtsextremen auf Ausländer und bezweifelte die Echtheit eines entsprechenden Videos. Er wurde daraufhin von Innenminister Horst Seehofer (CSU) in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.

Ruhe geben wollte der heute 58-Jährige aber nicht. Öfter vertritt er Positionen, die vielen in der CDU sauer aufstoßen. So erklärte er im Jahr 2019, "man weiß nie", ob es nicht doch zu Koalitionen zwischen CDU und AfD kommen werde.

Klage über "Linksdrall" bei Sendern

Nun bewirbt sich Maaßen im Wahlkreis 196 in Südthüringen um ein Direktmandat für den Deutschen Bundestag und hat sich in einem Interview mit tv.berlin über einen "klaren Linksdrall" bei den öffentlich-rechtlichen Sendern beklagt. Er forderte, die Biografien von einigen Redakteuren "mal auf den Prüfstand" zu stellen, um zu klären, ob "diese Leute die charakterliche Eigenschaft haben", für die Tagesschau zu arbeiten. Es gebe Verbindungen in die linksextreme Szene.

Er sprach auch von "Manipulation der veröffentlichten Meinung", blieb aber Belege dafür schuldig. Der Vorwurf, die öffentlich-rechtlichen Medien würden nicht faktentreu und objektiv berichten, wird gerne von AfD-Anhängern geäußert.

Nicht nur bei SPD und Grünen, auch in der CDU war die Empörung groß. Der Hamburger Landeschef Christoph Ploß sagte: "Ich halte eine solche Äußerung für inakzeptabel. Das entspricht auch in keiner Weise der Position der CDU."

Kritik kam auch von Bernd Althusmann, CDU-Chef in Niedersachsen: "Maaßen schadet der Partei nachdrücklich mit Positionen, die wir nicht teilen. Wenn für Herrn Maaßen Grundwerte der Partei, für die er in den Bundestag einziehen will, nichts bedeuten, sollte er sich eine andere Partei suchen. Für uns ist und bleibt die Pressefreiheit unantastbar."

Kritik von der SPD

Maaßen selbst ruderte dann ein wenig zurück und twitterte, er kritisiere "tendenziöse Berichterstattung" im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Klar sei aber auch: "Eine Gesinnungskontrolle journalistischer Arbeit durch die Politik darf es nicht geben."

Nicht sehr viel war zu alledem von CDU-Chef Armin Laschet zu hören. Zunächst reagierte er gar nicht, was ihm scharfe Kritik vom (Noch-) Koalitionspartner SPD eintrug. "Ein weiterer demokratiefeindlicher Ausfall von CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen, ein weiteres Mal schweigt CDU-Chef Armin Laschet", erklärte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Und: "Langsam drängt sich der Eindruck auf, dass das Verhalten von Maaßen und Co durch Laschet nicht nur toleriert wird, sondern gewollt ist."

Daraufhin kamen von Laschet ein paar Worte. Zum einen erklärte er – laut der Deutschen Presse-Agentur – in der Vorstandssitzung der CDU, ohne Maaßen beim Namen zu nennen: "Solche Debatten schaden uns." Zum anderen betonte er in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Ich werde nicht jeweils kommentieren, wer in 299 Wahlkreisen kandidiert." Die Abgrenzung der CDU nach rechts sei glasklar: "Mit der AfD wird nicht koaliert, nicht kooperiert, nicht verhandelt. Sie muss aus den Parlamenten verschwinden."

Falsche Polizistin

Maaßens Kandidatur in Südthüringen war von der Unions-Spitze nicht mit Begeisterung aufgenommen worden. Laschet hatte damals explizit darauf hingewiesen, dass die CDU keine gemeinsame Sache mit der AfD mache, und erklärt, das gelte auch "für Herrn Maaßen".

Die CDU hat nun auch die Plakate für ihre Wahlkampagne vorgestellt – und sich dabei in die Nesseln gesetzt. Es sind zwar Polizisten, Pfleger und Dachdecker zu sehen. Abgebildet aber wurden nicht "echte Menschen", sondern Parteimitglieder und Mitarbeiter der Zentrale. Die Erklärung: Man habe während der Pandemie niemanden vom Arbeiten abhalten wollen.

Nicht witzig findet das Foto einer falschen Polizistin der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek. Polizisten seien nicht die "Garnitur für Wahlprogramme", sagt er und betont: "So wie Polizisten nicht in Uniform auf Parteiversammlungen gehen dürfen, sollten Parteien auch nicht mit Fake-Polizisten in unserem Outfit für sich werben." Dies könnte sogar strafbar sein. (Birgit Baumann aus Berlin, 7.7.2021)