Die Impfpflicht für das Gesundheitspersonal sowie der grüne Pass treten in Frankreich kommende Woche in Kraft.

Foto: AFP/BERTRAND GUAY

Paris – In Frankreich und Italien sind am Samstag wieder zahlreiche Menschen gegen strengere Corona-Regeln auf die Straße gegangen. In Frankreich nahmen etwa 237.000 Menschen an den Protesten teil, damit handelte es sich um die bisher größte Kundgebung seit Beginn der neuen Massenproteste im vergangenen Monat, wie das französische Innenministerium berichtete.

In Paris waren nach offiziellen Angaben 17.000 Demonstranten unterwegs. Ein Schwerpunkt der Proteste lag dieses Mal im Süden. Nach Informationen des Radiosenders France Info nahmen in der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur bis zu 37.000 Menschen teil. Die Demonstrationen verliefen nach ersten Berichten weitgehend friedlich. Zu Spannungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten kam es in Lyon, der drittgrößten Stadt des Landes.

Impfpflicht für Gesundheitspersonal und grüner Pass

Am Donnerstag hatte Frankreichs Verfassungsrat die Impfpflicht für Personal im Gesundheitswesen sowie den sogenannten Gesundheitspass gebilligt, der Aufschluss über einen Negativ-Test oder eine Impfung gibt. Beides soll helfen, die Corona-Pandemie in Grenzen zu halten. Proteste gab es somit bereits das vierte Wochenende in Folge. Vor einer Woche hatten die Behörden landesweit schon einmal mehr als 200.000 Teilnehmer gezählt.

Die Vorlage des digitalen Gesundheitspasses wird in Frankreich bereits im Kino oder bei Großveranstaltungen verlangt. Von Montag an ist er auch zum Besuch von Restaurants und Bars und bei Reisen per Flugzeug oder Fernzug erforderlich. Die neuen Regelungen hatte Präsident Emmanuel Macron bereits Mitte Juli angekündigt. Mit den Kundgebungen wird versucht, Druck auf die Regierung zu machen. Dazu riefen auch Vertreter der "Gelbwesten-Bewegung" auf, die früher schon Proteste gegen Macron organisiert hatte.

Frankreich steckt derzeit in einer vierten Corona-Welle. Innerhalb einer Woche gab es zuletzt landesweit etwa 225 neue Fälle auf 100.000 Einwohner. Die deutsche Regierung stuft größere Teile Südfrankreichs nun als Corona-Hochrisikogebiet ein. Dies gilt von Sonntag an unter anderem für die Provence, die Côte d'Azur, und die Insel Korsika. Betroffen sind auch französische Überseegebiete wie Guadeloupe, Martinique, Réunion, St. Martin und St. Barthélemy.

Tausende Teilnehmer in italienischen Städten

Auch in Italien war es am Samstagnachmittag zu Kundgebungen mit tausenden Teilnehmern unter anderem in Rom, Mailand, Turin, Bologna und Neapel gekommen. In Rom skandierten die auf dem Piazza del Popolo versammelten Demonstranten Parolen wie "Freiheit, Freiheit" und gegen die "Gesundheitsdiktatur". Sie kündigten Protestkundgebungen jeden Samstag bis zur Abschaffung des Grünen Passes an, den sie als Instrument der Regierung kritisierten, um auch Menschen zur Impfung zu zwingen, die von dem Vakzin nicht überzeugt seien. In Mailand defilierten circa 5.000 Personen laut den Sicherheitskräften durch das Stadtzentrum und protestierten gegen den Grünen Pass.

Die Demonstranten auf den Plätzen beschimpften Premier Mario Draghi. Seine Regierung hatte am Donnerstag eine Regelung gebilligt, wonach der Corona-Gesundheitspass für Passagiere in öffentlichen Verkehrsmitteln ab 1. September obligatorisch wird. Dies gilt für Inlandsflüge, Züge, Fernbussen und einige Fährverbindungen. Auch müssen Lehrer an Schulen sowie Lehrende und Studierende an Hochschulen den Pass vorweisen.

Grüner Pass für Zutritt in Lokale

Seit Freitag ist in Italien für Restaurantbesuche im Innenbereich, in Kinos, Theater, Museen, Fitnessstudios und Schwimmbädern ein Impfnachweis, ein 48 Stunden lang gültiger negativer Corona-Test oder ein Genesungsnachweis notwendig. Gastronomen beklagten Probleme mit der Kontrolle des QR-Codes des grünen Passes. Sie warnten vor negativen Folgen für den Tourismus, der ohnehin schon sehr schwierige Zeiten erlitten hat.

Die Organisatoren der Protestkundgebungen kündigten juristische Schritte gegen den Beschluss der italienischen Regierung an, den Ausnahmezustand vom 31. Juli bis zu Ende 2021 zu verlängern. Auf dem Notstand basieren mehrere Verordnungen, die die Regierung zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ergriffen hat. Damit rüttle die Regierung an den demokratischen Prinzipien, da die Funktion des Parlaments deutlich beeinträchtigt werde, betonten die Demonstranten in Rom. (APA, red, 7.8.2021)