Die Galaxy Watch 4 in der regulären (links) und der Classic-Ausführung.

Grafik: Samsung

Als Google Anfang 2014 seinen Android-Ableger für Wearables vorstellte, war Samsung nicht weit. Mit der Samsung Gear Live lieferte man eine der ersten Smartwatches mit dem damals noch als Android Wear firmierenden Betriebssystem. Doch über die Jahre lebte man sich auseinander: Die Wege von Googles System wurden auch unter dem neuen Namen Wear OS nicht weniger verworren, Samsung setzte bald lieber auf das eigene Tizen. Doch damit ist nun Schluss, gibt es jetzt doch eine Reunion, mit der viele schon nicht mehr gerechnet haben.

Galaxy Watch 4

Parallel zur Vorstellung von neuen faltbaren Smartphones hat Samsung am Mittwoch auch eine neue Smartwatch-Generation enthüllt. Und siehe da: Die Galaxy Watch 4 setzt wieder ganz auf Googles Wear OS. Die ganz große Überraschung war das allerdings nicht mehr, immerhin wurde diese Kooperation bereits Mitte Mai im Rahmen der Google I/O verkündet. Nun gibt es aber eben die ersten wirklich mit Wear OS 3 ausgestatteten Smartwatches, und hier darf Samsung eben die Vorreiterrolle übernehmen.

Die Galaxy Watch 4 in der sportlicheren Variante
Foto: Proschofsky / STANDARD

Software

Dabei zeigt sich schnell, wer hier was gemacht hat, und diese Aufteilung bestätigt auch Samsung auf Nachfrage des STANDARD: Für das Kernbetriebssystem bleibt weiter Google zuständig, auch wenn Samsung die eine oder andere Idee eingebracht haben soll. Der Galaxy-Watch-Hersteller hat zudem nun erheblich mehr Einfluss auf die Softwareausstattung, als es bei früheren Wear-OS-Versionen der Fall war. Konkret manifestiert sich das darin, dass die Oberfläche in jenem OneUI genannten Look gehalten ist, der auch bei Samsungs Smartphones seinen Einsatz findet. Zudem sind zahlreiche Samsung-Apps vorinstalliert, dazu gehört neben Samsung Pay sogar der digitale Assistent Bixby. Und es gibt viele Verschränkungen mit dem restlichen Samsung-Ökosystem, so können etwa die neuen Galaxy Buds – dazu später mehr – nun auch direkt über die Uhr gesteuert werden. Im Vergleich zu Tizen gewinnt Samsung vor allem ein deutlich größeres App-Angebot und natürlich Zugriff auf beliebte Dienste wie Google Maps.

Hardware

Aber kommen wir zur Hardware: Es gibt zwei Varianten der Galaxy Watch 4, eine reguläre, die eher für sportliche Aufgaben gedacht und aus Aluminum ist sowie eine "Classic"-Ausführung aus rostfreiem Stahl, die zusätzlich über einen rotierbaren Rahmen zur Steuerung verfügt. Eine wichtige Rolle spielen die unterschiedlichen Gesundheitssensoren. Neben elektrischer sowie optischer Herzfrequenzmessung gibt es auch einen "Bioelectric Impedance Analysis Sensor", der die Körperzusammensetzung analysieren soll. Passend dazu bietet die Uhr allerlei Auswertungen – vom Puls bis zum Körperfett. Wer will kann gar den Sauerstoffgehalt des Bluts laufend überwachen lassen. Der Blutdruck kann ebenfalls mit der Smartwatch gemessen werden, zudem warnt die Galaxy Watch 4 vor einem unregelmäßigen Herzschlag. Auch den Schlafrhythmus und dessen Qualität sowie etwaiges Schnarchen analysiert die Samsung-Smartwatch auf Wunsch.

Grafik: Samsung

Auswahl

Jedes der beiden Modelle gibt es in zwei verschiedenen Größen, die reguläre Watch 4 etwa wahlweise mit 40 oder 44 mm, die Classic-Variante fällt hingegen mit 42 oder 46 mm etwas größer aus. Bei den kleineren Varianten gibt es einen 1,19 Zoll großen Bildschirm mit einer Auflösung von 396 x 396 Pixel, bei den größeren Modellen liegen diese Werte bei 1,36 Zoll und 450 x 450 Pixel. All das resultiert jeweils in eine Pixeldichte von 330 PPI. Das Gewicht liegt bei 25,9 bzw. 30,3 Gramm (Galaxy Watch 4) sowie bei 46,5 und 52 Gramm (Galaxy Watch 4 Classic). Das Display ist durch kratzfestes Gorilla Glass DX geschützt, eine IP68-Zertifizierung verspricht zudem Schutz vor dem Eindringen von Wasser und Staub, eine MIL-STD-810G-Zertifizierung soll besondere Robustheit garantieren.

Endlich ein neuer Chip

Für die Wear-OS-Welt ist Samsungs Rückkehr vor allem aus einem Grund interessant: Gibt es dadurch doch endlich einen modernen Smartwatch-Chip jenseits der Apple-Welt. Qualcomms demonstratives Desinteresse an dieser Thematik hatte sich zuletzt als immer größeres Problem für die Herstellung moderner Android-Smartwatches herausgestellt. Samsung stellt zum Glück aber eigene Chips her, und mit dem Exynos W920 gibt es für die Galaxy Watch 4 denn auch einen modernen SoC, der im 5nm-Verfahren produziert ist. Dessen CPU soll 20 Prozent schneller als beim direkten Vorgänger sein, im Vergleich zu aktuellen Wear-OS-Watches dürfte der Vorsprung hingegen um ein Vielfaches größer sein, sind doch wie erwähnt, die dort bisher genutzten Qualcomm-Chips in jederlei Hinsicht grob veraltet. Das RAM liegt bei der Galaxy Watch 4 bei 1,5 GB, der lokale Speicherplatz beträgt 16 GB. Besonders deutlich hat man aber bei der Grafikleistung nachgelegt, diese soll beim W920 nämlich gleich um den Faktor 8,8 besser sein wie beim direkten Vorgängerchip von Samsung selbst.

Erster Eindruck

Zahlen sind natürlich Zahlen, aber was heißt das in der Praxis? Für ein endgültiges Urteil ist es natürlich noch zu früh, aber der STANDARD konnte die beiden Smartwatches schon vorab kurz ausprobieren. Und dabei zeigte sich schnell: Im Vergleich zu bisherigen Wear-OS-Uhren ist die Interaktion mit dem User Interface wie Tag und Nacht so viel flüssiger und schneller ist das Ganze. Die Kombination aus Samsung-Hardware und Google-Software könnte also tatsächlich das sein, worauf viele Smartwatch-Interessenten mit Android-Smartphone lange gewartet haben.

Die Galaxy Watch 4 Classic
Grafik: Samsung

Abzuwarten bleibt, wie sich all das auf die Akkulaufzeit auswirkt. Samsung selbst spricht von 40 Stunden Nutzung, die Akkukapazität ist je nach Größenausführung mit 247 bzw. 361 mAh angegeben. Beim Stromsparen helfen soll ein eigener Cortex M55-Kern, der besonders wenig Strom verbraucht und für die Darstellung des Alway-on-Displays genutzt wird. Beide Modelle gibt es übrigens auch in Ausführungen mit LTE-Anbindung, zu diesem Zweck ist eine eSIM verbaut. Bei den anderen gibt es hingegen "nur" WLAN und natürlich Bluetooth 5.0. Auch ein NFC-Chip sowie GNSS-Support zur Lokalisierung ist verbaut.

Verfügbarkeit

Die Galaxy Watch 4 kann in allen Ausführungen ab sofort vorbestellt werden, der offizielle Marktstart ist auch in Österreich für den 27. August geplant. Der Preis startet für die Galaxy Watch 4 bei 269 Euro, jener für die Galaxy Watch 4 Classic bei 369 Euro. Je nach Größe und Ausstattung kostet die Uhr dann natürlich entsprechend mehr. Im Vergleich zur Galaxy Watch 3, die es zum Start ab 429 Euro gab, ist dies eine aus Konsumentensicht durchaus erfreuliche Entwicklung.

Galaxy Buds 2

Parallel dazu kann Samsung aber noch mit anderer Hardware aufwarten: Mit den Galaxy Buds 2 gibt es neue Earbuds, die nicht zuletzt mit einem überarbeiteten Design punkten sollen. Jenseits der Äußerlichkeiten gibt es automatische Geräuschunterdrückung (ANC), die natürlich besser als bei den Vorgängern funktionieren soll.

Auch bei den neuen Buds gibt es diverse Farbausführungen.
Grafik: Samsung

Jeder Earbud hat einen 2-Wege-Lautsprecher für Bass und Hochtöner. Zudem gibt es drei Mikrofone, die die Stimme der Nutzer gut einfangen sollen. Mithilfe von Maschinenlernen sollen dabei störende Hintergrundgeräusche ausgefiltert werden.

Eckdaten

Jeder der Earbuds wiegt 5 Gramm und beinhaltet einen Akku in der Größe von 61 mAh. Das soll laut dem Hersteller für fünf Stunden Wiedergabe reichen, das Gehäuse liefert dann noch einmal 472 mAh. Innerhalb von fünf Minuten soll ein Bud dabei übrigens wieder 60 Minuten Akkulaufzeit erhalten. Neu beim Einrichten der Buds ist ein Test, der dabei helfen soll, die passenden Größe der Eartips zu wählen, hier werden wie gewohnt verschiedene Aufsätze mitgeliefert. Vor Spritzwasser und Schweiß sollen die Earbuds nach IP2X geschützt sein, die Verbindung mit anderen Geräten wird via Bluetooth 5.2 abgewickelt.

Die Galaxy Buds 2 sollen ebenfalls am dem 27. August erhältlich sein und zwar zu einem Preis von 149 Euro. An Farbvarianten werden Schwarz, Weiß, Olive und Lavendel geboten. (Andreas Proschofsky, 11.8.2021)