Nach vier Wahlperioden tritt Angela Merkel als deutsche Kanzlerin ab. Um ihre Nachfolge bewerben sich gleich drei Kandidaten.

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Früher war das TV-Duell eine einfache Sache. Zum Fernseh-Höhepunkt des Wahlkampfes traten stets zwei Personen an: der/ die Regierungschef/in und sein/e oder ihr/e Herausforder/in.

2002 duellierten sich Gerhard Schröder und Edmund Stoiber, 2005 Gerhard Schröder und Angela Merkel. 2009, 2013 und 2017 stieg dann der jeweilige SPD-Kanzlerkandidat zu Merkel in den Ring.

Nur einmal wollte einer diese Ordnung nicht akzeptieren: Der frühere FDP-Chef Guido Westerwelle drängte 2002 ebenfalls ins TV-Studio. Seine Begründung: Auch er sei Kanzlerkandidat, nicht bloß Stoiber.

Weil die FDP die Chancengleichheit der Parteien verletzt sah, zog sie bis vor das Verfassungsgericht. Dort aber verlor sie. ARD und ZDF hatten durchaus das Recht, nur Vertreter jener Parteien zu laden, die ernsthafte Chancen hatten, den Bundeskanzler zu stellen.

Alles anders in diesem Wahlkampf

Davon gibt es in diesem Wahlkampf tatsächlich drei. Armin Laschet (Union), Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) nennen sich nicht nur Kanzlerkandidaten, sie sind tatsächlich alle drei im Rennen um Merkels Erbe. Und daher treten sie am Sonntag im ersten deutschen TV-Triell auch gegeneinander an. "Wir sind aufgeregt, aber die drei vermutlich noch mehr", sagt der langjährige RTL-Chefmoderator Peter Kloeppel. Er wird das Format am Sonntag um 20.10 Uhr gemeinsam mit Pinar Atalay moderieren, auch der Partnersender n-tv überträgt es.

Atalay war bis vor kurzem bei den ARD-Tagesthemen, ihr Wechsel zum Privatsender kam für viele überraschend. Doch eine Kooperation der Öffentlich-Rechtlichen mit dem Privatsender wird es nicht geben. RTL und n-tv bekamen für das Triell den alleinigen Zuschlag.

"Die Parteien haben früh signalisiert, dass sie sich so etwas vorstellen können", sagt Kloeppel.

Laschet unter Druck

Neu ist die Situation für alle. Niemand traut sich derzeit, Wetten abzuschließen, wer ins Kanzleramt einzieht. In Umfragen liegen Union und SPD dicht beisammen, zuletzt war die SPD mit 23 Prozent leicht vor der Union (22 Prozent), die Grünen folgten mit 18 Prozent.

Unter Druck ist weiterhin Laschet. Mit ihm an der Spitze ist die Union in Umfragen abgestürzt, auch innerparteilich gibt es immer wieder Kritik an seinem eher gemächlichen Wahlkampf. Er wird vom saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU) nun aufgefordert, ein Team möglicher Minister zu präsentieren: "Wir müssen endlich zeigen, wofür die Union steht und mit wem wir neben dem Kanzlerkandidaten die Zukunft des Landes prägen wollen."

Baerbock muss versuchen, die vielen Patzer in ihrem bisherigen Wahlkampf wettzumachen. Und Scholz, der an den anderen vorbeigezogen ist, darf sich nicht zu siegessicher geben.

Er ist immerhin der unangefochtene Kanzlerkandidat seiner Partei – im Gegensatz zu Baerbock und Laschet. Bei den Grünen wäre auch Baerbocks Co-Chef Robert Habeck gern ins Rennen gegangen. Laschet hat den Kampf hart gegen den CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder ausfechten müssen.

Diese beiden "Verlierer" werden sich schon am Samstag um 20 Uhr duellieren. Als die "einzig wahre Wahlkampfdebatte" wird der Zweikampf von Spiegel,t-online und Vice beworben. Sie streamen das Gespräch gleichzeitig. Gemeinsam erzielten die drei Plattformen zuletzt eine Quartalsreichweite von mehr als 50 Millionen Unique Usern.

Großes Interesse

Auf eine hohe Zuseherzahl hoffen auch RTL und n-tv. Bisher stießen viele Wahl-TV-Duelle auf großes Interesse. Den Rekord markiert das Duell zwischen Kanzler Schröder uns seiner damaligen Herausforderin Merkel im Jahr 2005. Es schalteten 20,98 Millionen Zuseherinnen und Zuseher ein.

Nach dem Triell am Sonntag wird es noch zwei weitere solche Formate geben: Am 12. September eines bei ARD und ZDF, eine Woche später treffen sich die drei wieder bei ProSieben, Sat1 und Kabel eins.

In einem "Vierkampf" wird die ARD am 13. September auch die Spitzenkandidaten der CSU, der Linken, der FDP und der AfD zu Wort kommen lassen. (Birgit Baumann aus Berlin, 28.8.2021)