Alpbach – Es steckt noch viel Kohle in der Kohle und in anderen fossilen Energieträgern. Öl-, Gas- und Automobilkonzerne gehören zu den wertvollsten Unternehmen der Welt. Und auch sonst fließt immer noch viel Geld in die fossile Industrie. Zu viel, wenn die Pariser Klimaziele erreicht werden sollen, sagen viele Experten. Wie das Finanzsystem mit den Nachhaltigkeitszielen in Einklang gebracht werden soll, haben einige von ihnen am Mittwoch beim Europäischen Forum Alpbach diskutiert.

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Demonstranten in London fordern den Ausstieg aus fossilen Investments.
Foto: reuters/stringer

In den vergangenen Jahren haben immer mehr Institutionen, aber auch Städte und Gemeinden beschlossen, künftig kein Geld mehr in Unternehmen zu stecken, deren Kernarbeit schlecht für das Klima ist. Vor allem in den USA ist die sogenannte Divestment-Bewegung stark, der sich immer mehr Institutionen anschließen – von Pensionsfonds bis hin zu Eliteuniversitäten. Umgerechnet 12,3 Billionen Euro wurden laut Angaben der Plattform Go Fossil Free bereits weltweit abgezogen.

Fossile Subventionen

Aber wie sinnvoll ist ein Divestment aus fossilen Energieunternehmen, wenn zugleich Milliarden in die Förderung fossiler Technologien fließen? Im Grunde gar nicht, lautet die Antwort der Podiumsteilnehmer. Würde die öffentliche Hand stattdessen nachhaltige Projekte fördern, würde sie den Fremdkapitalanteil – und damit auch das Risiko – für private Investitionen senken, sagt Wolfgang Polt von der Forschungsgesellschaft Joanneum Research. Gerade bei langfristigen Projekten wie dem Aufbau von Batterie- oder Halbleiterfabriken seien öffentliche Investitionen gefragt, um private Geldgeber anzulocken.

Andreas Novy, WU-Professor für Sozioökonomie, gibt zu bedenken, dass Investitionen in klimaneutrale Projekte möglichst allen zugutekommen müssen. Noch so energieeffiziente Passivhäuser, die auf der grünen Wiese gebaut werden, seien genauso wenig der Weisheit letzter Schluss, wie wenn der Umstieg nur vom privaten Verbrenner auf das private Elektroauto passiert, sagt Novy. Statt einzelne Produkte zu subventionieren, plädiert er dafür, in Infrastruktur zu investieren, die es möglichst vielen Menschen erlaubt, "ein gutes Leben" zu leben.

Mehr Transparenz

Damit fossiles Divestment funktionieren kann, ist auf jeden Fall mehr als nur die Einstellung einiger weniger notwendig: Stößt eine Institution ihre fossilen Aktien ab, landen diese erst recht wieder auf dem Markt – und werden dort von dem nächstbesten Investor aufgekauft werden. Ohne einen langfristigen Plan vonseiten der Politik wird es nicht gehen, ist sich Irene Monasterolo, Assistenzprofessorin für Klimaökonomie und Finanzen an der Wirtschaftsuniversität Wien, sicher.

Insgesamt brauche es mehr Transparenz, damit "schmutzige" Aktivitäten in der Wirtschaft einfacher identifiziert werden können, sagt die Wissenschafterin. Das würde auch ein weiteres Problem lösen: Viele Großinvestoren haben zwar zuletzt behauptet, ihr Portfolio grüner zu gestalten – passiert ist das laut Monasterolo allerdings bei weitem nicht immer. (pp, lauf, 1.9.2021)