Die geplante Einführung von Uploadfiltern sorgte im Vorfeld für Proteste.

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Mit mehreren Monaten Verspätung hat das Justizministerium am Freitag einen Gesetzesentwurf für die Urheberrechtsnovelle in Begutachtung geschickt. Damit folgt Österreich der 2019 beschlossenen Copyright-Richtlinie der EU, mit der die Rechtslage an die Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts angepasst werden soll. Zentral ist dabei die häufig kritisierte Einführung von Uploadfiltern. Große Internetplattformen wie Facebook, Google und Co müssen künftig schon vor Veröffentlichung feststellen, ob eine Erlaubnis des Rechteinhabers vorliegt. Presseverleger sollen außerdem dank des Leistungsschutzrechts selbst entscheiden können, wo ihre Inhalte im Netz verbreitet werden, während der Kreativbranche mit dem Urhebervertragsrecht der Rücken gestärkt werden dürfte.

Hervorgehoben werden dabei die Maßnahmen zur Verhinderung eines Overblockings von Inhalten, mit denen die freie Meinungsäußerung trotz automatisierter und proaktiver Filtermechanismen gewahrt werden soll. Maximal 15 Sekunden lange Video- oder Liedausschnitte sollen daher nicht automatisch blockiert werden. Rechteinhaber haben allerdings die Möglichkeit, auch entsprechend kurze Beiträge als ökonomisch besonders wertvoll einzustufen und den Schutzmechanismus somit auszuhebeln. Zudem können Inhalte mittels eines "Pre-Flagging"-Systems schon während des Uploads als Karikatur, Parodie, Kritik oder Rezension markiert werden.

Maßnahmen gegen Overblocking

Damit folge Österreich zwar den Empfehlungen der EU-Kommission, "diese wurden jedoch zuletzt vom EuGH-Generalanwalt aufs Schärfste verurteilt und könnten bald fallen", sagt Thomas Lohninger von der Grundrechts-NGO Epicenter Works in einer ersten Einschätzung. Besonders enttäuscht sei er vom Wegfallen der Möglichkeit Verbandsklagen einzureichen, da sie ein hilfreiches Instrument gewesen seien, um gegen strukturelles Overblocking vorzugehen. Eine entsprechende Befugnis liegt nun ausschließlich bei der Kommunikationsbehörde Komm Austria, die im Falle eines Missstandes ein Aufsichtsverfahren einleiten und Plattformen per Bescheid auffordern kann, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen. Bei nicht-Befolgung drohen den Betreibern Geldstrafen in Höhe von bis zu einer Million Euro. Wie die Beschwerdegestaltung in der Praxis aussehen wird, ist derzeit allerdings noch unklar. Trotz allem sieht Lohninger Österreich mit dem Entwurf im oberen Drittel der EU-Länder positioniert.

Kritik bezüglich der Uploadfilter äußert auch Harald Kapper, Präsident des Providerverbands ISPA, zu dessen Mitgliedern auch Facebook und Google zählen. Zwar seien Maßnahmen zur Verhinderung von Overblocking geplant, diese "werden jedoch im gleichen Atemzug wieder aufgeweicht, indem auf Zuruf der Rechteinhaber auch kurze Ausschnitte automatisiert gesperrt werden müssten, sofern diese behaupten, dadurch einen wirtschaftlichen Schaden zu erleiden".

Ein Grundsätzliches Problem automatisierter Moderationssysteme liegt zudem darin, dass sie – im Gegensatz zu menschlichen Moderatoren – keinen Kontext erkennen können. Erst Anfang des Jahres versuchte die Polizei in der US-Stadt Beverly Hills, diese Tatsache für ihre Vorteile zu missbrauchen. Um die Verbreitung der Videoaufnahme eines Aktivisten zu verhindern, spielte sie ein urheberrechtlich geschütztes Lied ab, in der Hoffnung, dass automatische Filtersysteme das Video dann blockieren würden.

Mehr Kontrolle für Presseverleger und Kreative

Mit dem Leistungsschutzrecht soll unterdessen Presseverlegern die Kontrolle darüber gegeben werden, wie und wo ihre Inhalte im Internet verbreitet werden. Grund dafür sei, dass Suchmaschinen wie Google durch die Aggregation von Nachrichten beträchtliche Einnahmen lukrieren würden, an denen die Verleger selbst keinen Anteil hätten. Im Begutachtungsentwurf schlägt das Justizministerium deshalb eine Verwertungsgesellschaftenpflicht für die Geltendmachung des Rechts gegen große Internetplattformen vor. Die Maßnahmen zielen dabei ausschließlich auf kommerzielle Anbieter ab, hingegen sollen rein private oder nicht-kommerzielle Nutzungen nicht erfasst werden. Laut Kapper bleibe allerdings nach wie vor unklar, ob eine freie Verlinkbarkeit von Inhalten im Netz weiterhin möglich sein werde.

Erst Anfang des Jahres blockierte Facebook in Australien den Zugang zu Nachrichteninhalten und Wetter- und Katastrophenwarnungen, nachdem die dortige Regierung trotz Gegenwehr des IT-Konzerns ein neues Gesetz verabschieden wollte. Mit diesem hätte man die größten Internetkonzerne dazu verpflichtet, örtliche Medienunternehmen für die Verbreitung derer Inhalte zu bezahlen. Die Sperre wurde erst nach einer Anpassung des Gesetzesvorschlags aufgehoben, mit der man Facebook etwas entgegenkam.

Film- und Musikwirtschaft positiv gestimmt

Positive Reaktionen hört man unterdessen vom Fachverband der Film- und Musikwirtschaft in der Wirtschaftskammer (WKÖ), der im Entwurf eine sachgerechte und ausgewogene Lösung für das Urhebervertragsrecht sieht. "Rechtssicherheit und Vertrauen darauf, dass Vereinbarungen halten, sind die wesentliche Grundlage für die Produktion, Beauftragung und Verwertung von Film und Musik", sagt Fachverband-Obmann Alexander Dumreicher-Ivanceanu. Der vorgelegte Entwurf etabliere spezifische Rahmenbedingungen. Außerdem würde nun die Rechtssicherheit in Bezug auf den Film-Kollektivvertrag sichergestellt werden.

Dass Onlineplattformen stärker in die Verantwortung genommen werden, stärke zudem die Position der heimischen Musiklabels und Urheber, so Georg Tomandl, Obmann-Stellvertreter des Fachverbandes: "Um das hohe kreative Potenzial, das wir in Österreich im Musikbereich haben, voll ausschöpfen zu können, brauchen wir praxisbezogene Regelungen in Bezug auf Finanzierung, Re-Finanzierung und Lizensierung urheberrechtlich geschützter Werke und Produktionen."

Nach spätestens 15 Jahren können Urheber zudem ihre Verträge nachverhandeln, wenn Rechte gegen eine pauschale Vergütung eingeräumt wurden. Dank einer Bestsellerregelung sollen sie außerdem an unerwarteten Erfolgen beteiligt werden.

Stellungnahmen bis Oktober

Stellungnahmen zum Begutachtungsentwurf der Urheberrechtsnovelle sind nun bis zum 13. Oktober möglich, wie die "Tiroler Tageszeitung" berichtet. Anschließend wird er dem Nationalrat vorgelegt. (Mickey Manakas, 4.9.2021)