Foto: APA/Neubauer

Pro: Noch eine Chance verdient

Für Österreichs Fußballfans war die 0:1-Niederlage gegen Schottland eine Tortur zum Zuschauen. Dass einige von ihnen daraufhin den Kopf von Teamchef Franco Foda fordern, folgt wie das Amen im Gebet. Noch-ÖFB-Präsident Leo Windtner hat aber die einzig richtige Entscheidung getroffen, nämlich mit Foda für die kommenden Länderspiele weiterzumachen.

Man kann den Teamchef für seine Taktik kritisieren, nach diesem Gemurkse können sich die Spieler aber nicht aus ihrer Verantwortung stehlen. Stürmer Marko Arnautovic sagt, man bringe die Qualität nicht auf den Platz. Ein gängiger Vorwurf an Foda lautet, dass sich das ÖFB-Team nicht auf der Höhe seines eigentlichen Könnens präsentiert. In Wahrheit ist die Mannschaft aber momentan einfach nicht besser. Mit Bayern-Star Marcel Sabitzer, Stefan Lainer, Xaver Schlager und Sasa Kalajdžić fehlten Foda vier Schlüsselspieler, die bei der Europameisterschaft noch glänzten. Trotz der positiven Entwicklung in der Spielerausbildung hat Österreich nach wie vor nicht genügend hochqualifiziertes Personal, um sich breiter aufzustellen.

Mit Europameister Italien war das ÖFB-Team im Juni bei der EM auf Augenhöhe. Und dann begannen wieder die Träume von warmen Eislutschern. Wie bereits vor Jahren unter Marcel Koller. Dabei ist Österreich immer noch eine kleine Fußballnation. Und aus der hat Foda das Maximum herausgeholt in der Vergangenheit: erfolgreiche EM-Qualifikation 2019, Gewinn der Nations-League-Gruppe 2020 und zuletzt das Erreichen des EM-Achtelfinales. Dass sich einige Spieler, und damit ist nicht nur Martin Hinteregger gemeint, in einer derartigen Unform präsentieren, auch dafür kann Foda nichts. Der Trainer zog den Gegner nicht am Leiberl im Strafraum. Und weder Florian Grillitsch und Michael Gregoritsch noch Louis Schaub hatten bei ihren Vereinen Spielpraxis. Kicker aus der heimischen Bundesliga sind offenbar keine Alternative zu den formschwachen Legionären.

Der Zug zur WM in Katar ist trotz aller Suderei noch nicht abgefahren. Als Sieger der Nations League wird Österreich im WM-Playoff im März 2022 höchstwahrscheinlich dabei sein. Franco Foda hat sich noch eine Chance verdient, die Mannschaft bis dahin wieder auf Kurs zu bringen. (Florian Vetter, 8.9.2021)

Kontra: Endstation Schottentor

Ja, derzeit ist Franco Foda unabsetzbar. Leo Windtner waltet nur noch kurz als Präsident des Fußballbunds und wird den Teufel tun, seinem Nachfolger die Entscheidung in der Teamcheffrage abzunehmen. Das wäre auch schlicht ungehörig. Dieser Nachfolger wird am Samstag bestimmt, infrage kommen der burgenländische Verbandsboss Gerhard Milletich und der Wiener Unternehmer Roland Schmid. Am 17. Oktober wird Windtner sein Amt übergeben, die nächsten Länderspiele stehen schon wenige Tage vorher an, Österreich gastiert auf den Färöern (Angst!) und in Dänemark (große Angst!).

Nicht wenige Experten kritisieren Foda dafür, wie er Österreich spielen lässt, und wollen keine Linie erkennen. Mag sein, darüber lässt sich streiten. Doch auch immer mehr Spieler lassen immer öfter durchklingen, dass sie mit Fodas Vorgaben nicht zurechtkommen. Was intern wie extern kaum jemand versteht, ist der Umgang des Teamchefs mit dem Barcelona-Jungstar Yusuf Demir. Foda ließ die wunderbare Chance aus, Demir gegen Moldau einzubauen und aufzubauen und damit dem ganzen Team neuen Schwung zu geben. Stattdessen wechselte er ihn gegen Israel beim Stand von 2:4 und gegen Schottland bei 0:1 jeweils für einige Minuten ein. Eine kapitale Fehlentscheidung, die aber auch innerhalb der Mannschaft als Pars pro Toto verstanden werden muss.

Ja, Franco Foda hat mit dem Team das EM-Achtelfinale erreicht und dort nur knapp – aber eben doch! – gegen den späteren Europameister Italien verloren. Ja, Foda kann insgesamt immer noch auf eine gute Bilanz verweisen. Aber zuletzt ging es insgesamt steil bergab, in den jüngsten zwölf Partien schauten nur 14 Punkte heraus.

Selbst unter einem interimistischen Teamchef könnte es in den nächsten Länderspielen nicht schlimmer, sondern nur besser werden. Die Mannschaft könnte durchschnaufen, sich finden, sich neu erfinden. Die U2, die am Happel-Stadion im Prater vorbeifährt, hat derzeit die Endstation Schottentor. Der unabsetzbare Foda hätte von sich aus aussteigen sollen. Nach dem Schottentor ist Baustelle. (Fritz Neumann, 8.9.2021)