Die Botschaft Nummer eins, auf die die MFG (Menschen, Freiheit, Grundrechte) bei ihrem ersten Wahlantritt setzte: "Nein bleibt Nein", was die Impfung gegen Corona betrifft.

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Das Ergebnis der Wahl in Oberösterreich hat viele Politikbeobachter überrascht, und das vor allem aus einem Grund: dass mit der Liste MFG (Menschen, Freiheit, Grundrechte) künftig eine völlig neue Kleinpartei im Landtag vertreten sein wird und die Vierprozenthürde noch dazu spielerisch genommen hat. Mit ihren 6,2 Prozent wird sie mit drei Mandaten in den Landtag einziehen. Aber wer ist diese neue Gruppierung, die sich erst vor wenigen Monaten gegründet hat? Und wie ist sie politisch einzuschätzen?

Die MFG ist die erste (öffentlich wahrnehmbare) Partei, die sich aus dem Milieu der Corona-Maßnahmengegner formiert hat, man könnte sie also als erste Corona-Protestpartei bezeichnen. Eine ähnlich starke Ablehnung von Corona-Schutzmaßnahmen gibt es ansonsten nur von der FPÖ.

Ein Hauptthema

Zwar will die Partei nicht als monothematisch wahrgenommen werden, wie Landeschef Joachim Aigner in Interviews mehrmals betonte – so spricht man sich etwa für einen verpflichtenden Ethikunterricht, die Entpolitisierung der Justiz, eine sozial gerechte Besteuerung multinationaler Konzerne und das Ende von "Zwangsmitgliedschaften" bei Kammern aus. Das nahezu einzige Thema, das im Wahlkampf nach außen transportiert wurde, war jedoch Corona. Und das durchaus mit einer gewissen Verve. Ein Blick auf das online unter Schlagworten aufgelistete Parteiprogramm verrät, was damit genau gemeint ist: etwa die "sofortige Einstellung von Lockdown, Maskenpflicht und Schließung von Handel und Gewerbebetrieben". Aigner sprach sich schließlich auch dafür aus, jegliche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung einzustellen: "Schluss mit allen Corona-Maßnahmen in Österreich!"

Fortwährend wird zudem vor einer Diskriminierung von Ungeimpften gewarnt. Man sei aber keine "Impfgegner"-Partei, sondern eine "Impfzwanggegner"-Partei, erläuterte Aigner am Wahlsonntag. Die Rhetorik, in der über die Impfung gesprochen wird, sowie die Behauptungen, die darüber aufgestellt werden, klingen jedoch anders: Im Parteiprogramm wird unter dem Punkt "Impfung" zum Beispiel als Forderung angeführt: "umfassende Aufklärung und Sicherheitsüberprüfung neuer Technologien auf Gentherapiebasis (mRNA, Vektor)".

Damit wird darauf Bezug genommen, dass mRNA-Impfstoffe sogenannte genbasierte Impfstoffe sind – gemeint ist damit, dass der Impfstoff genetische Informationen des Virus enthält. Das bedeutet jedoch nicht, dass dadurch die menschliche DNA verändert würde; die Messenger-RNA kann nicht in den Zellkern eindringen, wie Experten schon oft erläutert haben. Der Begriff "Gentherapie" suggeriert jedoch Befürchtungen in diese Richtung. Zudem wird von der MFG der Hashtag "ungespritzt" verwendet – wohl um zu suggerieren, nicht geimpft zu sein. Der stellvertretende Obmann Christian Fiala hat die Impfung in einem Beitrag als "programmierte Selbstzerstörung des Körpers" bezeichnet. Relativ rasch nach Ausbruch der Pandemie gründete Fiala die "Initiative für evidenzbasierte Corona-Information" (ICI), die zu Beginn Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Corona-Politik organisierte.

Strategie gefruchtet

Die Zielgruppenstrategie dürfte aufgegangen sein: Denn je geringer die Durchimpfungsrate in einer Gemeinde ist, desto stärker hat die MFG (wie auch die FPÖ) abgeschnitten. Das Ergebnis beider Parteien liegt in den Gemeinden mit der niedrigsten Durchimpfung um etwa ein Fünftel über ihrem Gesamtergebnis. In Statements auf der MFG-Facebook-Seite werden zudem durchaus furchterregende Bedrohungsszenarien entworfen, deren sprachliche Beschreibung an den Militärjargon erinnert. An einer Stelle heißt es zum Beispiel: "Der Dialog ist gescheitert. Die Fronten verhärten sich. (...) Jetzt muss jeder entscheiden, auf welcher Seite er – oder sie – steht." Die Behörden würden sich in "Kadavergehorsam" üben, Schulen und Medien seien "gleichgeschaltet". Es ist die Rede von "Diktatur" und "Imperatoren in Stadt und Land".

MFG-Bundesparteiobmann Michael Brunner sagt dazu: "Ich kenne nicht jedes Posting. Aber der Diskurs wurde verweigert. Wenn immer nur eine Meinung gehört wird, ist das sinngemäß eine Diktatur." Ein Corona-Leugner sei er nicht, das Virus sei jedoch nur für einzelne Gruppen gefährlich.

Es gibt auch konkrete Verbindungen in das weitreichende Netzwerk der Corona-Maßnahmengegner. Parteiobmann Brunner ist Rechtsanwalt und hat sich in den vergangenen Monaten einen Namen in der Szene gemacht. Er ist Mitgründer der "Anwälte für Aufklärung", eines Zusammenschlusses von mittlerweile 43 Anwältinnen und Anwälten, die, so ihre Selbstbeschreibung, für den "Schutz von Freiheit und Demokratie" eintreten. Die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung werden als "inadäquate Zwangsmaßnahmen" bezeichnet. Die MFG und die Anwälte hätten aber nichts miteinander zu tun, sagt Brunner. Es gebe personelle, aber keine organisatorischen Überschneidungen. Dazu gehört auch MFG-Generalsekretär Gerold Beneder, der ebenfalls bei den Anwälten für Aufklärung aktiv ist.

"Nutzlos und schädlich"

Vor einigen Monaten zeigte Brunner außerdem Mitglieder der Bundesregierung an. Die Vorwürfe: Amtsmissbrauch, Landzwang und Nötigung. Das Verfahren wurde eingestellt. Erst vor wenigen Wochen trat Brunner erneut ins Scheinwerferlicht, als er gegen ZiB 2-Moderator Armin Wolf vor Gericht zog. Dieser hatte ein vom "Außerparlamentarischen Corona-Untersuchungsausschuss" und den besagten Anwälten geschaltetes Inserat als "Corona-Leugner"-Inserat bezeichnet. Darin hieß es, dass Masken "nutzlos und gesundheitsschädigend" seien und die "Zwangsimpfung nicht verantwortungsvoll geprüft" worden sei. Das Gericht entschied in erster Instanz: Die Gruppe muss sich die Bezeichnung gefallen lassen.

Auf ihrer Website warben die Anwälte auch für das vom Generalsekretär der Christlichen Partei Österreichs, Rudolf Gehring, mitinitiierten Volksbegehren "Für Impffreiheit". Dessen Sprecherin war Inge Rauscher, die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als "außerparlamentarische Rechte" bezeichnet wird. Die MFG selbst teilt zudem regelmäßig wohlwollende Beiträge des rechten Mediums Report 24.

MFG plant Kandidaturen bei künftigen Landtagswahlen. Ob ein Vertreter bei der Bundespräsidentenwahl antreten wird, ist noch offen. (Vanessa Gaigg, 27.9.2021)