Es gibt Orte, die so perfekt sind, dass sie nicht real erscheinen. Orte, die es vermögen, räumliche und zeitliche Begrenzungen aufzulösen.

Utopie von Jutta Ambrositsch
Foto: Hersteller

Eine Art Gegenentwurf zur Wirklichkeit – fernab schnöder Gegebenheiten. Die Ried Rosengartel am Wiener Nussberg ist so ein Ort. Die Metropole liegt ihr zu Füßen, geschrumpft zu einer possierlichen Puppenstadt, die Donau zum Greifen nahe – und doch hält man sich das Treiben der Stadt vom Leib.

Die Reben hier führen ein beneidenswertes Leben. Nicht nur der Ausblick, auch die Verpflegung ist vom Feinsten: Muschelkalk auf Kalkstein. Und fast immer weht ein kühles Lüftchen, das Pflanzen wie Trauben kühlt, selbst an brütend heißen Sommertagen.

Jutta Kalchbrenner löst das Versprechen des Rosengartels ein. Ihr Riesling aus der Prachtlage spielt weniger in der Wirklichkeit als im Traum. Keine nüchternen Fakten, keine Blasiertheit, keine Riesling-Attitüden.

Sanfte, warme, reife Aromen und zarte Würze. Plus ein Hauch von Kühle. Der Geruch von Weihrauch. Nach der Sonntagsmesse in Palermo. Vom Nussberg. Entrückt von Raum und Zeit – eine Utopie. (Christina Fieber, RONDO, 30.10.2021)