Strahlend schön schon vor dem AKW-Kontakt: Quallen.

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Das "Bulletin of the Atomic Scientists" gilt gemeinhin als seriöse Veröffentlichung, in der in ernstem Ton über die bleibenden Gefahren eines Atomkriegs oder der Verwendung von Nuklearenergie gewarnt wird. Am Donnerstag überraschte die Veröffentlichung allerdings mit einem ungewöhnlichen Text: Quallen hätten ein Atomkraftwerk angegriffen, war dort zu lesen. Der Hintergrund ist allerdings alles andere als originell, sondern durchaus besorgniserregend: Das schottische Atomkraftwerk Torness hat mit einer Angelegenheit zu kämpfen, die durchaus auch zu einem gröberen Sicherheitsproblem werden kann.

Quallen geraten nämlich immer wieder in die Kühlsysteme des AKW, das eigentlich mit dem Wasser der Nordsee vor der Überhitzung geschützt werden soll. Mehrfach ist es schon zu Abschaltungen gekommen, zuletzt öffentlich war ein solcher Fall im Jahr 2011 geworden – damals gemeinsam mit der Meldung, dass ein anderes britisches AKW, jenes in Hinkley Point, mit dem Eindringen einer Robbe, die im Kühlsystem Fische gejagt hatte, fertigwerden musste. Seither soll es in Torness erneut Quallenprobleme gegeben haben. Zuvor musste das Not-Aus auch im Jahr 2006 aktiviert werden. Damals hatte Seegras das Kühlsystem des Meilers verstopft. Erst im Jänner war das französische AKW Paluel ausgeschaltet worden, weil eine "beträchtliche und unvorhersehbar große" Zahl an Fischen in die Kühlfilter geraten war.

Quallen gegen Atomenergie

Die Verantwortlichen wollen dem Problem jetzt unter anderem mit Drohnen zu Leibe rücken. Diese sollen in der Nähe der AKWs fliegen und dort im Meer nach auffälligen Quallenschwärmen suchen dürfen. Werden diese in der Nähe der Kühleinlässe entdeckt, könne man so die Wasserentnahme vorübergehend reduzieren und ein Einsaugen der Tiere verhindern. Damit könne auch eine teure Komplettabschaltung des AKW verhindert werden.

Die Meldung kommt kurz vor dem Klimagipfel COP 26 in Glasgow, das rund 100 Kilometer vom AKW Torness entfernt liegt. Dort wollen einige Staaten für einen verstärkten Einsatz der Atomkraft im Kampf gegen die Erderhitzung eintreten. Für Quallen wäre dies doppelt schlecht. Zum einen, weil sie weiterhin in Gefahr geraten würden, eingesaugt zu werden. Zum anderen, weil die Erwärmung der Meere zuletzt zu ihrer massenhaften Vermehrung beigetragen hatte. (mesc, 28.10.2021)