Eine Gasstation in der Ukraine. Vorhandene Gaspipelines könnten in nicht allzu ferner Zukunft Wasserstoff transportieren, der mit Strom aus Solar- oder Windkraftwerken erzeugt wird.

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Die Nachfrage nach elektrischer Energie wird trotz Einsparungen europaweit enorm steigen. Dafür sorgt die Energiewende, die das Aus fossiler Brennstoffe bis zur Mitte des Jahrhunderts besiegeln soll. Während der Strombedarf durch Ausbau von Windkraft und Photovoltaik vielleicht noch machbar erscheint, macht der Winter vielerorts noch gehörig Sorgen.

Nicht so in der Gaswirtschaft. Branchenvertreter sehen in Wasserstoff einen Problemlöser. Nicht nur bestehe die Chance, mittels überschüssigen Stroms aus erneuerbaren Quellen im Sommer grünen Wasserstoff für den Winter herzustellen, sondern damit auch die vorhandene Gasinfrastruktur weiter zu nutzen – von Fernleitungen über Verteilnetze bis zu Speichern. Gleichzeitig ist allen Beteiligten aber klar, dass nur ein Bruchteil des Bedarfs an Wasserstoff in Österreich selbst hergestellt werden kann und der Rest importiert werden muss. Das gilt im Übrigen auch für viele andere Länder in der EU. Eine Option, woher der Wasserstoff bezogen werden könnte, heißt Ukraine.

900 Millionen Euro zugesagt

Seit Auflösung der Sowjetunion befindet sich das einstige Bruderland mit Moskau im Clinch. Als eine Art Kompensation für den Bau der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2, der die Ukraine bis zu zwei Milliarden Euro an Transitgebühren kosten könnte, ist Kiew ein Milliardenfonds zur Entwicklung der Wasserstofftechnologie aus erneuerbaren Quellen in Aussicht gestellt worden. An die 900 Millionen Euro seien bis dato zugesichert, namentlich durch Deutschland, sagte Markus Mitteregger, Chef der RAG Austria.

Der mehrheitlich dem Energieversorger EVN gehörende Speicherbetreiber geht davon aus, in einem Konsortium mit anderen Unternehmen ab 2026 mit ersten Lieferungen von in der Ukraine produziertem grünem Wasserstoff nach Österreich und weiter nach Deutschland beginnen zu können.

Rechtssicherheit garantieren

Sogenannte Differenzverträge sollen dabei die Rutsche legen und für Rechtssicherheit sorgen. "Damit dort investiert werden kann, das Investment geschützt ist und das Geld aus Deutschland kommt und nicht aus der Ukraine", wie Mitteregger sagte. Deutschland zahle im Wesentlichen dafür, dass die Ukraine Flächen für Windkraft und Photovoltaik zur Verfügung stelle, um mit diesem Strom grünen Wasserstoff für Exportmärkte herzustellen.

Weitere, wiewohl wegen höherer Transportkosten teurere Optionen für den Import vom Wasserstoff seien neben Nordafrika auch der Mittlere Osten sowie die rumänische Schwarzmeerregion.

Finanzielle Anreize

Aber selbst im Fall der Ukraine gehe es nicht ohne finanzielle Anreize. Peter Weinelt, Obmann des Fachverbands Gas Wärme, fasst es so zusammen: "Grünes Gas muss gleichwertig behandelt werden wie grüner Strom, in der Produktion genauso wie bei der Einspeisung in das Netz." Übersetzt heißt das, dass Biomethan und grüner Wasserstoff von Abgaben befreit werden müssten, damit sich die Investition rechnet. (Günther Strobl, 9.11.2021)