Cindy Crawford, Marilyn Monroe, Madonna – was haben diese drei Frauen gemeinsam? Spontan mag den meisten die ihnen zugeschriebene Rolle als Schönheitsideale und auch Sexsymbole ihrer Zeit einfallen.

Cindy Crawford machte einen vermeintlichen Makel zum Makenzeichen.
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Bei genauerem Nachdenken vielleicht auch, dass alle drei brillante Selbstvermarkterinnen und kluge Geschäftsfrauen sind und waren. Doch das ist nicht der Punkt, um den es hier gehen soll. Dieser Punkt ist klein, rund und liegt bei allen dreien oberhalb des Mundwinkels – die Rede ist vom Schönheitsfleck.

Klein, aber oho

Seit Jahrhunderten wird der Leberfleck im Gesicht als ein erstrebenswertes Charakteristikum betrachtet. Die kleine Imperfektion unterstreicht wahre Schönheit – so die Theorie. Zudem lässt der dunkle Punkt die umliegende Haut heller erscheinen, was im Frankreich des späten 16. Jahrhunderts als besonders erstrebenswert galt.

Damals kam deshalb zum schneeweißen Make-up das Schönheitspflästerchen in Mode, das sogenannte "Mouche", was so viel wie Fliege bedeutet. Dabei handelte es sich um Schönheitsflecken zum Aufkleben. Die Mouches schwärmten von Frankreich aus und verbreiteten sich über Europa, bis die Mode Ende des 17. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte. In dieser Zeit entwickelten sich die falschen Flecken nicht nur zu modischen Must-haves, sondern sandten auch geheime Botschaften.

Codes aus Samt und Maus

Die Mouches bestanden meist aus gummiertem Samt, Seide oder Taft. Erhältlich waren sie in vielen Formen und Farben, neben Punkten waren Monde, Herzen und Sterne beliebt. Da diese Varianten für die weniger Wohlhabenden kaum erschwinglich waren, stellten diese ihre Schönheitspflästerchen selbst her. Dabei soll mitunter auch Mäuseleder zum Einsatz gekommen sein.

Beim Aufkleben der Mouche war – egal ob aus Nagetierhaut oder feinster Seide – Vorsicht geboten. Denn sowohl die Anzahl als auch die Positionierung konnte vieles bedeuten. So war es zwar ein Zeichen von Reichtum, sich mit vielen Mouches zieren zu können – wer es zu gut meinte, lief aber Gefahr, verzweifelt zu wirken.

Wo eine Mouche klebte, konnte außerdem als Code verstanden werden. So "verdeckten" selbsterklärte Kriegshelden häufig kleinere Blessuren aus Kämpfen mit den Pflästerchen, um vorgeblich bescheiden die Aufmerksamkeit auf ihre heroischen Taten zu lenken.

Frauen wurde dagegen nachgesagt, ihre amourösen Absichten mit den Mouches mitzuteilen. Ein Punkt auf der linken Wange bedeutete etwa, dass man noch zu haben war. Auf der rechten Wange hieß er hingegen: "Ich bin schon vergeben."

Da die Pflästerchen angeblich benutzt wurden, um Syphilisnarben zu verdecken, wurden sie schließlich verstärkt mit einem lasterhaften Lebensstil in Verbindung gebracht. Diese Zuschreibung dürfte ein Grund dafür sein, dass sie an Popularität verloren. Ganz verschwand der Fake-Fleck aber nie. Eine moderne Variante ist etwa das "Madonna-Piercing" oberhalb der Lippe – benannt nach dem Leberfleck der Pop-Ikone. (Antonia Rauth, RONDO exklusiv, 13.12.2021)