Rutschige, matschige Radrouten sind nicht nur ein Ärgernis, sondern auch ein Sicherheitsrisiko. In Tirol und Vorarlberg setzt man auf tauende Streumittel, um das Winterradeln zu ermöglichen.

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Innsbruck/Salzburg/Bregenz – Mit sinkenden Temperaturen sinkt auch der Radverkehrsanteil. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hat erhoben, dass hierzulande im Durchschnitt vier von zehn Radfahrenden auch während der Wintermonate – zumindest gelegentlich – in die Pedale treten. Wobei der Anteil jener, die wirklich mehrmals pro Woche auf das Fahrrad steigen, in den Monaten Jänner und Februar auf nur mehr sieben Prozent sinkt.

Das muss nicht sein, wie das skandinavische Vorzeigeradland Dänemark zeigt. Denn der Schlüssel zu mehr Radverkehrsanteil in den Wintermonaten, so sind sich Experten einig, liegt in der Räumung der Radwege. In der dänischen Hauptstadt Kopenhagen werden alle Radwege ab spätestens 2025 beim Winterdienst, der für freie Straßen sorgt, die höchste Priorität genießen. Noch vor dem motorisierten Verkehr. Schon jetzt werden dort die wichtigsten Radrouten zumindest gleichwertig behandelt.

Winterstiefkind Radweg

In Österreich sind Rad- und Fußwege in den siebenteiligen Winterdienstkategorien erst auf den Plätzen vier – das sind Radwege mit Bedeutung für den Schul- und Berufsverkehr sowie jene, die Ortsteile verbinden – und fünf zu finden. Dabei wären schnee- und eisfreie Radrouten mit der größte Wunsch (25 Prozent) potenzieller Winterradler, wie eine Studie der Wiener Mobilitätsagentur im Jahr 2013 gezeigt hat. Wobei damals 32 Prozent angaben, auf gar keinen Fall im Winter das Fahrrad nutzen zu wollen.

Doch die Zeiten ändern sich, und der Anteil jener, die sich auch bei winterlichen Verhältnissen in den Sattel schwingen würden, nimmt zu. Im alpinen Westen beschäftigt man sich bereits intensiv mit diesem Thema. Vorreiter ist Vorarlberg, das mit einem Radverkehrsanteil von rund 16 Prozent in Österreich, das durchschnittlich acht Prozent aufweist, führend ist. Im Ländle gibt man im Zeitraum Dezember bis März für den Winterdienst auf Radwegen rund 950 Euro pro Kilometer aus. Auf Vorarlbergs Landesradrouten wird bereits "Schwarzräumung" praktiziert. Darunter versteht man den Einsatz sogenannter "auftauender Streumittel". In Vorarlberg setzt man dabei auf Sole als Mittel der Wahl. Bereits im Jahr 2017 hat das Land ein eigenes Streufahrzeug zum Einsatz auf Radwegen angeschafft. Durch die Sole konnte die Menge des ausgebrachten Salzes pro Winter signifikant reduziert werden.

In Innsbruck wird im heurigen Winter auf den Hauptradrouten, entlang des Inn und der Sill, erstmals Salzstreuung versucht. Von dem Pilotversuch erhofft man sich neben einem steigenden Radverkehrsanteil auch mehr Sicherheit für die Fahrradfahrer, wie Peter Hölzl, Vorstand des Amtes für Straßenbetrieb, erklärt: "Es gab von Radfahrerinnen und Radfahrern immer wieder den Einwand, dass Rollsplitt, etwa bei Bremsmanövern, zu einem erhöhten Sturzrisiko führt. Dieses Problem wird durch die Umstellung auf Salz wesentlich entschärft."

Salz dosiert anwenden

Um etwaige negative Auswirkungen des Salzes auf die Grünanlagen in unmittelbarer Umgebung der Radrouten zu vermindern, werde man den Einsatz so gering wie möglich dosieren. "Mit den kleinen Räumfahrzeugen, die auf Radwegen eingesetzt werden, können wir gezielter salzen", erklärt dazu Thomas Klingler, Amtsvorstand für Grünanlagen. Und im Frühjahr wird man durch verstärktes Gießen das Salz quasi auswaschen, um den Schaden für Pflanzen zu minimieren.

In Salzburg wünscht sich Radverkehrskoordinator Peter Weiss ähnliche Modelle wie in den westlichen Nachbarländern: "Bei uns gilt aber in der ganzen Stadt, abgesehen von den Straßen, auf denen öffentliche Verkehrsmittel fahren, Salzverbot." Dabei ist auch der Einsatz von Streusplitt wie in Salzburg keineswegs umweltfreundlich. Weiss verweist auf die Staubentwicklung sowie den Aufwand, den es bedeutet, den Splitt im Frühjahr wieder aufzukehren: "Zudem ist dieser Splitt nach einem Winter Sondermüll und muss dementsprechend aufwendig entsorgt werden."

Rutschige, matschige Radrouten sind nicht nur ein Ärgernis, sondern auch ein Sicherheitsrisiko. In Tirol und Vorarlberg setzt man auf tauende Streumittel, um das Winterradeln zu ermöglichen. (Steffen Arora, 11.11.2021)