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Erst für 2022 wird in Deutschland ein Boom erwartet.

Foto: Getty Images / Sean Gladwell

Es sind auch im Jahr 2021 für den Dax wieder neue Höchstmarken zu vermelden. Im März dieses Jahres überschritt der Leitindex am deutschen Aktienmarkt erstmals in seiner Geschichte die 15.000-Punkte-Marke. Und es ging später noch weiter nach oben: Mitte November notierte er bei 16.149,87 Punkten.

"Man sieht an den Aktienkursen, die wie in den USA neue Höchststände erreicht haben, dass es den Unternehmen gelingt, mit der nicht so einfachen Situation gut fertigzuwerden", sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank.

Beim deutschen Wirtschaftswachstum nämlich hätte noch mehr gehen können – das zumindest dachten zunächst im Frühjahr die Ökonomen. Doch im Herbst wurde eine Konjunkturprognose nach der anderen für das Jahr 2021 nach unten korrigiert. Die Regierung senkte ihre Voraussage von 3,5 auf 2,6 Prozent, die Wirtschaftsweisen von 3,1 auf 2,7 Prozent, die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute von 3,7 auf 2,4 Prozent.

Schwierigkeiten in der Automobilindustrie

"Insbesondere die weltweiten Liefer- und Kapazitätsengpässe treffen die stark in globale Wertschöpfungsketten eingebundene deutsche Industrie. Steigende Energie-, Rohstoff- sowie Transportkosten belasten die Gewinnspannen der Unternehmen und dürften zumindest teilweise auf die Verbraucher überwälzt werden", heißt es in dem aktuellen Gutachten der Wirtschaftsweisen, die die deutsche Bundesregierung beraten.

Erst für 2022 wird ein Boom erwartet, die Voraussagen liegen, je nach Institution, zwischen 4,1 und 4,8 Prozent Wachstum. Das Vorkrisenniveau aus dem vierten Quartal 2019 wird vermutlich im ersten Quartal 2022 wieder erreicht, betont der Sachverständigenrat.

"Am auffälligsten sieht man die Schwierigkeiten in der Automobilindustrie. Hier ist die Produktion wegen der fehlenden Halbleiter stark zurückgegangen", sagt Kater mit Blick auf 2021. In den ersten zehn Monaten des heurigen Jahres belief sich die Inlandsproduktion laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) auf knapp 2,6 Millionen Pkws, das sind acht Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des ersten Corona-Jahres 2020.

Lieferengpässe und Rohstoffknappheit

Dennoch hat die große Mehrheit der Dax-Konzerne den weltweiten Lieferengpässen und der Rohstoffknappheit getrotzt. Nach Berechnungen des Beratungs- und Prüfungsunternehmens EY lagen sowohl der Gesamtumsatz (plus 8,6 Prozent) als auch die operativen Gewinne (plus 152 Prozent) der neuerdings 40 im Deutschen Aktienindex notierten Konzerne im dritten Quartal teils deutlich über den Werten des Vorjahreszeitraums.

Den höchsten operativen Gewinn fuhr im dritten Quartal 2021 den EY-Angaben nach die Deutsche Telekom mit rund 3,5 Milliarden Euro ein, gefolgt vom Versicherer Allianz. Die Plätze drei bis fünf belegten die Autohersteller Daimler, BMW und Volkswagen.

"Der Erfolg, den die Unternehmen in dieser schwierigen Situation haben, beruht darauf, dass sie sehr flexibel und durchaus in der Lage sind, Produktivitätssteigerungen wahrzunehmen und die Produktion mit etwas weniger Leuten hochzufahren", sagt Kater und betont auch: "Die 20er-Jahre sind das Jahrzehnt der Aktie." Man könne den Kauf von Wertpapieren, auch angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen, empfehlen.

Reform im 33. Lebensjahr

Im Dax brach ja 2021 eine neue Ära an. Im 33. Jahr seines Bestehens wurde er nach einer großen Reform umfangreicher. Es sind jetzt nicht mehr 30, sondern 40 Unternehmen gelistet, die Neulinge rückten aus dem MDax (für mittelgroße Unternehmen) auf. Dadurch soll die deutsche Wirtschaft breiter repräsentiert werden. Neben Vertretern der klassischen deutschen Industrie findet man nun auch die Internetwirtschaft im Dax (Zalando, Hello Fresh).

Das soll den Deutschen den Aktienmarkt wieder näher bringen. Sie sind seit dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 eher zu Aktienmuffeln geworden. Doch neuerdings verzeichnet das Deutsche Aktieninstitut (DAI) gestiegenes Interesse für Wertpapiere.

Knapp 12,4 Millionen Deutsche sind nach Berechnungen des DAI am Aktienmarkt engagiert, das entspricht 17,5 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren. Vor 20 Jahren lag der Höchstwert bei 12, 9 Millionen Menschen, danach ging es bis 2014 auf 8,4 Millionen herunter.

Eines wird den Markt übrigens nicht beeinflussen: der bevorstehende Regierungswechsel. Die Ampel (SPD, Grüne, FDP) jagt den Börsen keine Angst ein. Kater: "Der Markt hat bloß einen Tag lang auf die Bundestagswahl reagiert. Am Tag danach war die Erleichterung groß, dass Rot-Rot-Grün vom Wahlergebnis her nicht möglich war." (Birgit Baumann, Magazin "Portfolio", 14.12.2021)