Das GAP-Paket umfasst bis 2027 ein Volumen von rund 387 Milliarden Euro.

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Wien – Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) befindet sich im Endspurt. Am Dienstagnachmittag fand im Europäischen Parlament die Schlussabstimmung zu dem Riesenpaket statt, das bis 2027 ein Volumen von rund 387 Milliarden Euro umfasst. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte für die Änderungen in der Agrarpolitik. Während Befürworter von einem deutlich ökologisierten Ergebnis sprechen, geht der Öko-Anstrich Kritikern nicht weit genug. Der Rat muss noch grünes Licht geben, die neuen Regeln treten 2023 in Kraft.

Insgesamt gebe es eine Renationalisierung, erklärt der grüne EU-Parlamentarier und GAP-Experte Thomas Waitz. Auf EU-Ebene wurden viele Zielsetzungen formuliert, bei der Ausgestaltung der Maßnahmen haben die Mitgliedsstaaten allerdings mehr freie Hand. Wie auch die SPÖ, haben Grüne und Neos gegen die Maßnahmen gestimmt. Waitz erklärt: "Es wurde die Chance vertan, mit der Landwirtschaft zur Klimaneutralität beizutragen." Zwar wurden aus seiner Sicht leichte Verbesserungen in Richtung grüner Maßnahmen getroffen, aber: "75 Prozent der Gelder werden weiter ohne ökologische Rahmenbedingungen vergeben."

Keine fixe Deckelung

Aus seiner Sicht wurden im EU-Rat zudem einige Punkte verwässert. Als Beispiel nennt er den Vorschlag, Förderungen an korrekte Beschäftigungsverhältnisse zu knüpfen. Der Vorstoß sei vom Rat abgelehnt worden. Der Grüne kritisiert zudem, dass keine Deckelung der Fördergelder beschlossen wurde, sondern diese von den Mitgliedstaaten definiert werden kann.

Dass es zu keinem verpflichtendem "Capping" kam, sei "sehr bedauerlich", heißt es aus dem Büro von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). In welcher Form eine Deckelung in Österreich kommen soll oder wird, könne erst nach den derzeitigen Verhandlungen kommuniziert werden. Die auf EU-Ebene beschlossene freiwillige Anwendung würde laut Ministerium "jedenfalls mit den vorgegebenen Grenzen nur wenig Wirkung in Österreich haben". Dass künftig 25 Prozent bei den Direktzahlungen in Öko-Regelungen fließen sollen, hält Köstinger für einen "großen Erfolg".

Zu wenig Umverteilung

Kritik von Waitz, der selbst Biobauer ist, gibt es auch an den Plänen zur Umverteilung von Großbetrieben zu kleineren Höfen. Die Maßnahmen seien zu gering und würden dem Bauernsterben nicht entgegenwirken. Positiv sieht er hingegen die geplanten Stützen in Form von Prämien und Starthilfen beim Generationswechsel auf Bauernhöfen. Zudem sollen künftig auch andere Formen als der klassische Familienbetrieb förderfähig werden, erklärt Waitz. Als Beispiel nennt er die solidarische Landwirtschaft.

Neben Umwelt-NGOs, die gleichsam von einer vertanen Chance für den Umweltschutz sprechen, kam Kritik auch vonseiten der SPÖ: "Es ist ein Beschluss ohne jede Ambition", sagte der rote EU-Abgeordnete Günther Sidl in einer Aussendung. Die notwendigen ökologischen Anreize, um die industriell betriebene Landwirtschaft zu reformieren, würden fehlen. Und auch den Neos geht der Kompromiss nicht weit genug. Es sei nicht die Reform, die es brauche, um die Klimaziele zu erreichen, kritisierte deren Mandatarin Claudia Gamon. (lauf, 24.11.2021)