Die geniale Geschäftsidee hatte Audi 2007: Zwischen A4 und A6 müsste doch noch eine Baureihe Platz haben. Gleiche Basis, aber mehr Emotion – und vor allem: teurer. Coupé, Cabrio und ein Fließheckmodell mit vier Türen waren (und sind) das; das dritte Modell wird auch gerne, hübsche Contradictio in adiecto, als viertüriges Coupé bezeichnet, ein Konzept, für das wiederum Mercedes 2004 mit dem genialen ersten CLS Pate stand.

Das 4er Gran Coupé setzt auf geschmeidiges Vorwärtskommen, für gewisses praktisches Talent stehen vier Türen und Heckklappe.
Foto: BMW

BMW übernahm die Vorlage gerne, da winkte schließlich fetter Profit, und schob zwischen 3er und 5er die 4er-Reihe ein. Von der gibt es in aktueller Generation ebenfalls ein Coupé und ein Cabriolet, und jetzt kommt das Gran Coupé hinzu.

2er Coupé hingegen signalisiert: Auf geht’s!
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Das wurde im Zuge einer Gruppenpräsentation in Garching und im Bayernland, es ging vor allem durch die Hallertau, vorgestellt – zu der auch die Facelifts von X3 und X4 und das neue 2er Coupé zählten.

Zweimal Top, einmal Flop

Drei Versuche mit Fließheck hat BMW zuletzt unternommen, zwei davon sind aufgegangen, eines ist gescheitert. Vertikal betrachtet handelt(e) es sich um flach (Coupé), mittel und hoch (SUV). Das mittlere, das Buckelwal-Konzept, als Gran Turismo geführt, ist gescheitert, der letzte seiner Art, der 6er GT, wird ohne Nachfolger bleiben. Leider.

Genug davon, zum 4er Gran Coupé (GC). Manche finden diese riesige Niere immer noch schauderhaft, in freier Wildbahn passt sie aber überraschend gut, und von dort weg zieht BMW einen gestreckten Spannungsbogen, der mit einer großen, praktischen Heckklappe endet, bei knapp vier Meter achtzig ist Schluss.

4er
Foto: BMW

Baureihensprecher Florian Moser betonte die Aspekte Ästhetik, Funktionalität, Komfort und Fahrdynamik – Letzteres nimmt man den Weiß-Blauen ung’schaut ab – sowie den Umstand, dass weltweit 50 Prozent aller 4er als GC verkauft werden, Hauptmärkte: Europa (50 Prozent), USA (25) und China (10).

Solange der Verbrennungsmotor noch zum Einsatz kommt, wird er bei BMW penibel auf optimalen Spagat zwischen Temperament und zurückhaltendem Spritkonsum ausgelegt. Sparsamster Antrieb von vier Aggregaten im 4er GC ist ein Selbstzünder aus Österreich, mit 190 PS und Mild-Hybrid (Normverbrauch um die fünf Liter auf 100 km) – wobei der 48-Volt-Startergenerator unterstützend zusätzliche acht kW (11 PS) Leistung einbringt. Dasselbe Effizienzpaket findet sich in der Topmotorisierung, dem Dreiliter-Reihensechszylinder mit 374 PS.

2er
Foto: BMW

Was indes entbehrlich scheint und aber offenbar ganz gewaltig gefragt wird weltweit, in China noch viel mehr als anderswo, ist die überbordende Digitalisierung, die BMW auch im 4er vorantreibt und dabei unter anderem auch Alexa integriert. Damit der gute alte Bezos Jeff auch ein wenig mithören kann, was die Insassen auf der Fahrt so reden.

Haupteindruck? Das 4er Gran Coupé ist ein außerordentlich geschmeidiges Gefährt, komfortabel, still und leise, mit 50:50 Achslastverteilung wunderbar ausbalanciert, und damit noch rasch zu X3 / X4, ehe wir uns dem 2er zuwenden. Im Zuge des Facelifts wurden die Linien geschärft und die Motoren allesamt (mild-)hybridisiert, mit dem xDrive 30e ist auch ein Plug-in-Hybrid im Programm. Das Leistungsspektrum reicht von 184 bis 360 PS, die Preispalette beim X3 von 50.800 bis 117.800 Euro, beim X4 von 59.800 bis 119.650. Man fragt sich immer, wer – von Firmenkundschaft abgesehen – sich so was leisten kann.

Rache Montezumas

Drei der vier hier besprochenen Autos kommen aus der Neuen Welt: USA und Mexiko. Wie jedermann und -frau weiß, stammen sämtliche BMW-SUVs aus Spartanburg, mit Ausnahme der frontantriebsplattformbasierten X1 und X2. Letzteres betrifft, ausgerechnet, das 2er Coupé. Es wird nicht in Deutschland gebaut, sondern in San Luis Potosí. So eine Rache Montezumas aber auch.

Immer nahe an der Kundschaft dran, argumentiert BMW, und die sitze in dem Fall vorwiegend in den USA. Und bevor wir einsteigen und losfahren, kurz zu einer Grundsatzfrage in Zeiten des Klimawandels. Darf Spaß heute noch ein Faktor sein? Dürfen Emotionen, Begehrlichkeiten generell bei industriell gefertigten Gütern eine Rolle spielen?

Ein Facelift gab es für X3 und X4, neu hinzugekommen ist dabei auch die Farbe Quietschentengelb,
oder wie auch immer die jetzt heißen mag. Mehr Ecke und Kante ist neuerdings angesagt.
Foto: BMW

Beim schnellen Internet und den Blockchain-Technologien der digitalen Welt frage niemand, welch gigantischer Energieaufwand bereits heute dafür vonnöten sei, meinte ein Soziologe einmal hinter vorgehaltener Hand, aber das Automobil wäre nun einmal ein gut antrainiertes Lieblingshassobjekt. Hier sei der Auspuff sichtbar (sofern nicht schon E-Mobil), dort eben nicht.

Wer die Frage für sich also mit nein beantwortet, wird uns ohnehin nicht bis hierhin gefolgt sein, wer mit ja, stößt jetzt auf das, was man früher einmal als pure Fahrmaschine bezeichnet hätte.

2er Coupé. Nicht von ungefähr beschwört BMW die Verbindung zu einem sportlichen Ahnen, der 1973, Punktlandung in der Ölkrise, vorgestellt wurde: dem 2002 Turbo, kurz: Zweizweier. Eine Heckschleuder vor dem Herrn, aber ein tolles Sportgerät. Lange Zeit hatten die M-Ableger der 3er-Reihe die Aufgabe übernommen, das Erbe zu pflegen. Nun ist der zu fett geworden, und so bleibt ein einziges Fahrzeug, das auch von den Abmessungen her passt und die Staffel vom 3er übernimmt.

Das technisch von 3er und 4er abgeleitete 2er Coupé ist auch von der Nomenklatur her ein Ausreißer, alle anderen 1er und 2er basieren auf der Frontantriebsplattform. Scharf geschnitten ist es, und weil 02er und Erbe und so, sind vorn Einzelrundscheinwerfer angebracht anstelle der sonst bei BMW gewohnten Doppelaugen. Die Nieren: im Verhältnis zum 4er klein und vertikal. Die Motorhaube: mit Powerdome. Die Flanken: muskulös. Das Heck: markant und mit Diffusor.

Grafik: Der Standard
Grafik: Der Standard

All das schon signalisiert den intendierten Einsatzzweck, und als Zielgruppe hat der Hersteller, Überraschung, sportliche, extrovertierte Damen und Herren ausgemacht.

Kein Cabrio mehr

In drei Leistungsstufen wird das Coupé, von dem kein Cabrio mehr geplant ist, angeboten: 220d (190 PS, Mild-Hybrid), 220i (184 PS), M240i xDrive (374 PS, Mild-Hybrid), und eine echte M-Version ist dem Vernehmen nach auch noch beabsichtigt.

Das bisdahinige Topmodell durften wir ausführen, die Hopfenstangen in der Hallertau verneigten sich ehrerbietig. Welch ein Fahrgenuss. Motor: grandios. Adaptives M-Sportfahrwerk (optional): hart, aber nicht Brett und schon gar nicht herzlos. Lenkung: prä.zi.se. Sportbremsanlage. Mischbereifung.

Wer für so was Rotzfreches anfällig ist, wird entzückt sein. Der Slogan "Aus Freude am Fahren", hier ist er kernkompetent verwirklicht. In Summe ein Auto, wie es schon bald nicht mehr gebaut werden wird, mit Seele, und an das man sich vielleicht einmal mit Wonne zurückerinnern wird, wenn es nur mehr E-Autos gibt. Oder man passt gut auf und pflegt es in der Garage. (Andreas Stockinger, 7.12.2021)