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Annalena Baerbock neben ihrem polnischen Amtskollegen Zbigniew Rau.

Foto: AP Photo/Czarek Sokolowski

Als Annalena Baerbock, die neue Außenministerin Deutschlands, bei ihrem Antrittsbesuch in Warschau das erste kritische Wort über Polens Grenz- und Asylpolitik sagte, flimmerte das Bild des TVP-Staatsfunks kurz, dann kam Polens Gesundheitsminister ins Bild. Dieser verkündete, dass es besser sei, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen, als dies nicht zu tun. Zu Baerbock wurde nicht mehr zurückgeschaltet.

Anders die 30-minütige Rede des polnischen Außenministers Zbigniew Rau, in der dieser Baerbock vorwarf, dass die Deutschen sich nicht der Vergangenheit stellen wollten. Die Deutschen seien den Polen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg nach wie vor Reparationen schuldig. Zudem hätten sie sich erneut mit dem einstigen Komplizen – Russland – verbündet und die Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 gebaut. Polen verlange von Deutschlands neuer Regierung die Aufgabe von Nord Stream 2. Was Baerbock ihrem polnischen Amtskollegen darauf antwortete, erfuhren die Polinnen und Polen nach der Abschaltung nicht mehr.

Umstrittene Justizreform

Immerhin konnte sie zuvor auf ihre persönlichen Verbindungen zum Nachbarstaat verweisen. Vor 60 Jahren seien ihre Großeltern von Polen nach Deutschland gekommen. Und in der Nacht zum 1. Mai 2004, als Polen der EU beitrat, sei sie auf der Oder-Brücke zwischen Frankfurt und Sł ubice gestanden und habe "mit vielen Menschen gefeiert, als Europa im Herzen wieder zusammengewachsen ist".

Dass der Besuch in Warschau, anders als in Paris und Brüssel, schwierig werden würde, war von vornherein klar. So habe sie etwa auch die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit betont, sagte Baerbock. Die rechtspopulistische Regierung in Polen wird in der EU wegen ihrer Justizreformen heftig kritisiert.

Streit um Reparationszahlungen

Seit Monaten hängen in den Straßen Polens zudem Propagandaplakate eines regierungsnahen Künstlers, die mit öffentlichen Geldern gefördert sind und auf denen die deutsche Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier oder der aktuelle Botschafter Deutschlands neben Nazi-Größen zu sehen sind.

Angeblich, so lügt der Propagandist, hätte Deutschland weder Reparationen noch Entschädigungen für die Besatzungszeit geleistet. Dabei erhielt Polen nach der Sowjetunion die höchsten Reparationsleistungen aus Deutschland – vor allem Baumaterial für den Wiederaufbau. 1953 verzichtete Polen auf weitere Reparationsleistungen. (Gabriele Lesser aus Warschau, 11.12.2021)