Die jetzige "Krone"-Journalistin Wagner ging in der Vergangenheit bereits mehrmals gegen die Berichterstattung über sie in den Medien ihres Ex-Arbeitgebers vor.

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Hinweis: Dieser Artikel wurde am 6.4.2022 um 11.46 Uhr umfassend um den Spruch der zweiten Instanz (Oberlandesgericht Wien) ergänzt und entsprechend aktualisiert. Eine erste Version des Artikels war nach dem Urteil der ersten Instanz (Straflandesgericht Wien) am 14.12.2021 online gegangen.

Eine Urlaubsinsel im Mittelmeer und Kokain – nur was zusammengehört, darf auch so berichtet werden. Im Fall der nunmehrigen "Krone"-Journalistin Katia Wagner war es eine Glosse, die nach Ansicht der "Österreich"-Redaktion zu einer vom Gericht aufgetragenen Urteilsveröffentlichung in den Fellner-Medien gehörte. In dieser Glosse war die Rede von einem Kokainfund in der privaten Garderobe Wagners bei ihrem Ex-Lebensgefährten, dem Anwalt M. Wagner klagte die Tageszeitung "Österreich" und ihre Gratisausgabe "Oe24" wegen dieser Darstellung, Mitte Dezember bekam sie vom Straflandesgericht Wien 5.300 Euro Entschädigung zugesprochen.

Das Urteil wurde nun am Mittwoch vom Oberlandesgericht Wien größtenteils bestätigt und ist somit rechtskräftig. Die Fellner-Medien wurden entgegen dem Spruch der ersten Instanz nun doch wegen übler Nachrede verurteilt, Wagner wurden insgesamt 12.000 Euro Entschädigung zugesprochen.

43.500 Euro Entschädigung wegen anderer Artikel

Dieses Medienverfahren war eines von etlichen, die die Berichterstattung über die Ibiza-Affäre in den Fellner-Medien nach sich zog. Wagner wurde in mehreren Artikeln aus dem Jahr 2019 unrechtmäßig mit dem Ibiza-Video in Verbindung gebracht und erhielt dafür bereits rechtskräftig 43.500 Euro Entschädigung. Das Urteil dazu mussten "Österreich" und "Oe24" Ende Oktober veröffentlichen.

In der nun inkriminierten Glosse, die neben dem Urteil veröffentlicht wurde, stehe zwar nichts Unwahres, hatte Richter Gerald Wagner seinen erstinstanzlichen Spruch begründet, "allerdings gibt es nicht das geringste öffentliche Interesse an diesen Angaben". Nur weil sich Wagner in einem Rechtsstreit mit dem Chef der Mediengruppe Österreich, Wolfgang Fellner, befinde, dürfe man nicht berichten, dass sie möglicherweise vor ein paar Jahren Kokain in ihrer Handtasche hatte. "Wäre Frau Wagner Bundeskanzlerin, wäre das etwas anderes", hatte Richter Wagner gesagt. Die Klage wegen übler Nachrede war somit in erster Instanz erfolglos geblieben, jedoch sei der Schutz der Identität Wagners verletzt worden.

Dieser Darstellung folgten die Höchstrichter in der Berufungsverhandlung am Mittwoch weitgehend, stellten jedoch ein Vergehen der üblen Nachrede fest. Es sei zwar wahrheitsgemäß berichtet worden, der Bericht endete allerdings "zu früh, was dem Bericht die Wahrheit raubt", hieß es zur Urteilsbegründung. Über einen Verdacht, der bereits als geklärt gilt, kann nur berichtet werden, wenn auch darüber berichtet wird, dass er bereits geklärt ist, begründete das Oberlandesgericht.

Berufung angemeldet

Zum Hintergrund: Ermittler durchsuchten nach Erscheinen des Ibiza-Videos die Wohnung von Wagners Ex-Lebensgefährte M. Er hatte zuvor gestanden, in jenes Video, das auf der spanischen Mittelmeerinsel entstand und später die türkis-blaue Bundesregierung zu Fall brachte, involviert gewesen zu sein. In seiner Wohnung fanden die Ermittler Spuren von Kokain in einer Handtasche, die Wagner zugeordnet wurde. Kurz wurde gegen Wagner ermittelt, das Verfahren jedoch bereits im selben Jahr eingestellt. Vor ihrer Tätigkeit bei der "Krone" arbeitete Wagner selbst für Wolfgang Fellner. In den vergangenen Monaten stand sie in der Öffentlichkeit, da sie ihrem früheren Chef sexuelle Belästigung vorwirft und im November eine Verurteilung Fellners wegen übler Nachrede erwirkte, die mittlerweile rechtskräftig ist. Fellner bestreitet die sexuelle Belästigung.

Der Anwalt der Fellner-Medien, Peter Zöchbauer, wiederholte vor dem Oberlandesgericht seine Argumentation. Er sah in der Glosse eine "reine Sachverhaltswiedergabe ohne rechtliche Würdigung". Richter Wagner stellte als Richter in der ersten Instanz die Frage in den Raum, ob es denn nicht auch bei Diebstahl ausreiche, den Vorgang des Klauens zu beschreiben, um bei den Leserinnen und Lesern den Eindruck zu erwecken, es handle sich hier um eine mögliche Straftat.

Für Sabine Rauch, Wagners Rechtsvertretung von der Kanzlei Gheneff-Rami-Sommer, war die Glosse ein "Racheakt" Fellners gegen seine Ex-Mitarbeiterin. Dieser habe seine Medienmacht "missbraucht" und eine Vorgehensweise, die jeglichen journalistischen Standards widerspreche, an den Tag gelegt. (Laurin Lorenz, 14.12.2021, Aktualisierung 6.4.2022)